Der Krieg in der Ukraine dauert nun schon bald fünf Monate, und ein Ende ist nicht in Sicht. Die Angriffe gegen die Zivilbevölkerung halten unvermindert an, in Teilen des Landes herrscht der blanke Terror der russischen Staatsführung. Das öffentliche Interesse an diesem Krieg nimmt dagegen langsam aber stetig ab, die Sorgen um unsere Energieversorgung treten immer mehr in den Vordergrund. Spekuliert die Bundesregierung auf genau diesen Effekt?
Tatsächlich muss der Eindruck entstehen, dass bei der deutschen Regierung der rhetorische Anspruch und die politische Wirklichkeit immer weiter auseinanderfallen. Zur Erinnerung: Der Bundeskanzler hat in seiner zu Recht viel gelobten Regierungserklärung am 27. Februar zugesagt, „ab sofort jedes Jahr mehr als 2 Prozent unseres Bruttoinlandsproduktes für die Verteidigung“ zur Verfügung zu stellen. Der Verteidigungsetat wird laut Haushaltsplan der Bundesregierung im nächsten Jahr aber nicht ansteigen, sondern um 300 Millionen Euro sinken! Aus dem schuldenfinanzierten Sondervermögen für die Bundeswehr sollen im nächsten Jahr nur rund 8,5 Milliarden Euro abfließen, womit zusammen absehbar die angekündigten 2 Prozent in keinem Fall erreicht werden können. Je nach Größe des Bruttoinlandsproduktes im Jahr 2023 werden es voraussichtlich nur 1,5-1,6 Prozent sein. Man muss es so klar sagen: Die Bundesregierung täuscht die Öffentlichkeit. Der Bundeskanzler wird seinem selbst gesetzten Anspruch für die Verteidigung unseres Landes nicht gerecht.
In dieses Bild passt dann auch das Verhalten der Bundesregierung bei den Waffenlieferungen in die Ukraine. Offenbar gibt es entgegen der Beschlussfassung des Deutschen Bundestages vom 28. April eine Weisung des Bundeskanzlers, der Ukraine bestimmte Waffen nicht zu liefern, darunter den in großer Stückzahl verfügbaren Kampfpanzer Marder. Der Krieg in der Ukraine wird aber erst enden, wenn die russische Staatsführung keine Chance auf zusätzlichen Geländegewinn mehr erkennt. Dafür jedoch fehlt es der Ukraine an wirksamen Waffensystemen und an Munition. Die zögerliche Haltung der deutschen Regierung verlängert damit diesen Krieg, Tag um Tag, Woche um Woche.
Im Zweifel weiß die Bundesregierung um diesen Zusammenhang. Warum macht sie es trotzdem? Welche Agenda hat der Bundeskanzler? Fällt er mit der SPD in die alten Muster zurück, in die innere Ablehnung der Bundeswehr, in die irrige Annahme, man könnte einer Aggression mit gutem Zureden begegnen? Herrscht in großen Teilen der SPD immer noch die alte und trotzdem immer wieder gescheiterte Illusion vor, man könne „Frieden schaffen ohne Waffen“? Oder rechnet die Bundesregierung gar mit einer zunehmenden Kriegsmüdigkeit der deutschen Bevölkerung und einer zunehmenden Angst um den eigenen Wohlstand? Wenn das so ist, dann ist es nur noch ein kleiner Schritt hin zum Verrat an der Ukraine. Wer aber die Ukraine verrät, der verrät auch unsere Freiheit und unsere Demokratie.
Es liegt am Bundeskanzler, diese Zweifel auszuräumen.
Quelle: MerzMail