Am 26. April 2014 fand in Euskirchen in der Nähe von Köln ein Symposium unter dem Titel „Das Böse denken“ statt. Mit über 150 Zuhörern war der Saal bis zum letzten Platz besetzt. Die Ärztekammer Nordrhein hatte hierzu eingeladen. Nicht nur Ärzte waren erschienen.
Die drei Referenten und akademischen Wissenschaftler, der Neurologe Prof. Elger aus Bonn, der Psychiater Prof. Leygraf aus Essen und die Philosophin Prof. Neiman aus Potsdam zählen zu den am besten ausgewiesenen Experten auf dem Gebiet des „Bösen“.
Der Neurologe beginnt seinen Vortrag mit der Evolution des menschlichen Gehirns. Die Massenzunahme des menschlichen Gehirns findet in einer ungewöhnlichen „kurzen“ Zeitspanne statt, die keine andere Spezies je erreicht hat. Schon allein um dieses Gehirn zu ernähren, ist eine rasche Proteinaufnahme notwendig, die nach dem Essen von Fleisch, i.e. nach dem Töten, verlangt. Um sein Leben zu erhalten und sich mit Nachkommen durchzusetzen, wird der Mensch, genauer der Mann, notwendigerweise zum Dieb, Räuber und Mörder. Frauen verhalten sich anders. Doch die Evolution bringt experimentell nachweislich auch die Fairness hervor, die das Zusammenlebens einer großer Zahl von Menschen ermöglicht. Menschen halten eine hohe Bevölkerungsdichte aus, die kein Säugetier ohne Schaden übersteht. Ausnahmen sind möglich, siehe Ruanda. Eine Gruppe hat gegenüber einem Einzelnen einen evolutionären Vorteil.
Es gibt das Krankheitsbild, dass ein Mensch (Mann) mit Beginn epileptischer Anfälle kriminell wird. Wird der Krankheitsherd neurochirurgisch-invasiv saniert, so kann die dissoziale Störung über Nacht verschwinden.
Der Referent verspricht in den nächsten Jahren weitere hervorragende Ergebnisse auf dem Gebiet der Neurochirurgie.
Der Psychiater kann keine derart sensationellen Resultate aufweisen. Sprechtherapien und Medikamente zeitigen Ergebnisse, die sich im Laufe der Jahre nur wenig in die gewünschte Richtung bewegen. Die interessanten Ergebnisse kommen aus der Feldforschung. Trotz kleinen zur Verfügung stehenden Zahlen ist festzustellen, dass islamistische Terroristen, die in einer muslimischen Familie geboren worden sind, selten psychisch auffallen. Vom Christentum konvertierte Muslime, die terroristische Untaten ausgeführt haben oder gewollt haben, zeigen signifikant häufig ein dissoziales Verhalten.
Ist der Mensch, der Böses begeht, schuldfähig? In den seltensten Fällen ist er es nicht, so wenn unbehandelte hormonelle Störungen vorliegen. Auch Schizophrenie und Depressionen beeinflussen die Schuldfähigkeit. Die nicht moderne These, dass der Mensch frei ist zu handeln, jedoch nicht frei ist zu wollen, kann nicht zur Gänze wissenschaftlich bestätigt werden. Der Mensch hat in den allermeisten Fällen die Freiheit, das Böse zu unterlassen. Auch Pädophile und Vergewaltiger haben die Möglichkeit die Orte zu meiden, die ihre dissozialen Triebe zum Ausbruch bringen. Eine böse Tat wird durch mangelndes Mitleid erleichtert.
Beide Naturwissenschaftler sind sich bewusst, dass ihre Erkenntnisse, dass Männer und Frauen biologisch, also an sich verschieden sind, nicht überall als politisch korrekt angesehen werden (Gender-Mainstreaming). Sie befürchten keine Nachteile für ihre Arbeit.
Die Philosophin überbringt den Zuhörern die Geschichte des Bösen. Sie beginnt mit der Thora: Kain und Abel (Mord), die Zehn Gebote (Du sollst nicht morden, du sollst nicht begehren). Es folgten unzählige Philosophen von der Antike bis zur Neuzeit. Mit dem Erdbeben von Lissabon im 18. Jahrhundert bekommt das Böse unsere heutige (philosophische) Bedeutung. Das Böse wird moralisch: Teil des Menschen. Gott und Natur verlieren die Fähigkeit, böse zu sein. Das Böse wird von der Absicht losgelöst. Das Böse wird banal, weil die Welt derart beschaffen ist, dass sie das Böse ermöglicht (Hannah Arendt).
Das Böse ist nicht definierbar. Es existiert trotzdem. Auschwitz ist ein hervorragender Beweis. Im 20. Jahrhundert ähneln die gesellschaftlichen Ansichten über das Böse denen des 18. Jahrhunderts. Jedoch gibt es noch heute religiöse Strömungen, die den Abtrünnigen und Ungläubigen als böse bezeichnen. Manche nicht-religiöse politische Strömungen, die Gott nicht bedürfen oder ihn negieren, erklären den Menschen zum Herrscher über die Naturgesetze. So ist die Klimaerwärmung böse, weil sie menschengemacht ist. Der Mensch wird zu Gott und Gott gewinnt wie seit dem Erdbeben zu Lissabon verlorene Fähigkeit zurück, böse zu sein.
Zum Schluss des Symposions bleiben einige Fragen offen:
Gibt es das „Böse“ überhaupt?
Warum hat der Mensch, als er den Glauben an Gott abgelegt hat, nicht auch den Glauben an den Teufel verloren?
Wird es irgendwann die Möglichkeit geben, den Menschen invasiv-neurochirurgisch von falschen politischen Ansichten zu heilen?
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