Der Völkermord an den Armeniern – türkische und deutsche Verantwortung

Armenien 2022

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Was macht den Völkermord der Türken an den Armeniern für Deutschland aktuell? Ein Mord in Berlin– vor exakt 100 Jahren. Der „Schlächter von Trabzon“, Mehmet Cemal Azmi Bey, bezahlte für seine Rolle als Anstifter zum millionenfachen Mord mit seinem Leben. Bis auf den heutigen Tag wird mit einem Ehrengrab geehrt – es liegt in einem mohammedanischen Friedhof in Tempelhof, und die Moschee, die neben diesem Friedhof steht, heißt „Schehitlik“, was soviel wie „Märtyrer“ heißt. Das Gebetshaus ist genannt nach diesem Grab, in dem im übrigen neben dem Armenierschlächter Azmi auch Bahattin Schakir bestattet wurde, ein Gründungsmitglied der KEF, also der Partei, die das Jungtürken-Regime stützte, unter dessen Führern die Türken in den Jahren 1915 und 1916 bis zu zwei Millionen Armenier und Hunderttausende Aramäer grausam ermordeten, weil sie Christen waren.

Am 17. April 1922 ereilte die Rache die beiden Völkermörder Azmi und Schakir. Zwei junge Armenier führten das Attentat aus. Im Jahr zuvor war bereits der für Gesamtdurchführung des Völkermords an den Armeniern zuständige Talaat Pascha, Innenminister der Türkei, in Berlin durch die Operation „Nemesis“ ausgeschaltet worden. Unter seiner Führung war beschlossen worden, „alle Armenier, die in der Türkei wohnen, gänzlich auszurotten (…), ohne Rücksicht auf Frauen, Kinder und Kranke (…), ohne auf die Gefühle des Gewissens zu hören“. Ja, auch Talaat Pascha starb in Berlin. Offenbar wollte nicht nur die kaiserliche deutsche Regierung mit den Völkermördern vom Bosporus befreundet sein, nein, auch das demokratische Nachkriegsdeutschland, bekannt als „Weimarer Republik“ nahm es mit den Menschenrechten nicht ganz so genau. Am 10. November 1918 trafen die türkischen Hauptdrahtzieher des Völkermordes an den Armeniern in Berlin ein, von deutschen Diplomaten mit Pässen unter falschem Namen ausgestattet. Sie konnten sich fortan ungestört bewegen, ja, sie wurden hofiert. Talaat Pascha residierte in einer herrschaftlichen Wohnung in der Berliner Hardenbergstraße, und in einem eleganten Tabakladen im Berliner Stadtzentrum trafen sich Pascha, Azmi, Schakir und weitere Völkermörder. Der Laden gehörte Azmis Sohn – kriminelle Clans haben in Berlin eine längere Geschichte.

Unheilvolle Islampolitik

Morde an Christen, auch Völkermorde werden in Deutschland gerne verharmlost. Das war vor 100 Jahren so, das haben die Nationalsozialisten so gehalten – und das ist auch heute so. Allen voran die Grünen und die Kommunisten von Links, aber auch manch klandestiner Juden„kritiker“ in der famosen Kanzlerpartei – Seit’ an Seite auf den Spuren des Reichskanzlers Theobald von Bethmann-Hollweg, der im Dezember 1915 im Reichstag zu Berlin verkündete: „Unser einziges Ziel ist, die Türkei bis zum Ende des Krieges an unserer Seite zu halten, gleichgültig, ob darüber Armenier zugrunde gehen oder nicht.“ Welch kaltblütige Ignoranz angesichts eines Völkermords!

Aaron Aaronsohn, ein angesehener Agronom und Gründer des Spionagenetzwerks NILI, das im Dienste der Entente tätig war, lebte im damaligen Osmanischen Reich. 1916 schrieb er nach einer Reise durch das anatolische Armenien in einem Memorandum: „Hunderte von Leichen von Männern, Frauen und Kindern, lagen auf beiden Seiten der Gleise, und Hunde ernährten sich von ihren Kadavern.“ Lewis Einstein, ein jüdischer US-Diplomat an der Botschaft in Istanbul, schrieb im Jahr 1917 in einem Augenzeugenbericht: „In diesem Krieg des Schreckens muss die Vernichtung der Armenier der ultimative Horror bleiben. Nichts ist so scheußlich wie die geplante Vernichtung eines Volkes. Und auch die deutschen Bürokraten können sich ihrer furchtbaren, zustimmenden Rolle bei diesem Verbrechen nicht entziehen.“

Deutsche Verstrickungen

In den westlichen Demokratien ist seit Jahrzehnten klar, was es mit dem Völkermord der Türken an der Armeniern auf sich hat. Nur der alte Waffenbruder Deutschland tat sich schwer. Unter größten Mühen gelang es einer von der CDU geführten Bundesregierung am 2. Juni 2016, im Bundestag mit breiter Mehrheit eine Resolution zu verabschieden, in der der grauenerregende Entvölkerung Armeniens korrekt und wahrheitsgemäß benannt wurde. In praktische Politik umgesetzt wurde diese Resolution allerdings nicht – ein Makel, den sich eine einst von Kommunisten ausgebildete Bundeskanzlerin und ein maßlos überforderter Außenminister ins Stammbuch schreiben lassen müssen. Ein paar läppische „Bildungsangebote“ – das war’s. Jedwede Umsetzung der Resolution auf diplomatischem Parkett verhinderte ein Diktator aus Ankara. Die Bundesregierung steht damit in einer unheilvollen Tradition der kaiserlichen Außenpolitik – die Diplomaten Wilhelms II. wussten schon vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs exakt, was sich im Osten Anatoliens anbahnte.

Der 2017 verstorbene Professor Giuseppe Laras, dem Oberrabiner von Mailand, verfasste sieben Monate vor seinem Tod verfasste Laras einen Text, der diesen Titel trägt: „Il filo tragico che lega il genocidio armeno e la Shoah è l’Islampolitik“ – auf deutsch: „Die tragische Verbindung zwischen dem Völkermord an den Armeniern und der Shoah ist die Islampolitik“. Azmi und Schakir, die Drahtzieher des grausamen Völkermords an zwei Millionen Armeniern, können im heutigen Berlin ungestraft als „Terroristen“ verunglimpft werden – in goldenen Lettern auf dunkelgrünem Grund, zu finden nahe einer „Märtyrern“ geweihten Moschee, die im übrigen von der Ditib betrieben wird und dem türkischen Verteidigungsministerium (!) gehört. Falls in Deutschlands Regierungsparteien blutigrote und giftiggrüne Christenfeinde zu finden wären, und diese Möglichkeit besteht: Das Grab in Tempelhof, in dem Völkermörder als Helden glorifiziert werden – es wird sie kaum stören. Die deutsche Verharmlosung des Völkermords der Türken an den Armeniern steht dabei in unheilvoller Tradition. 1943 wurden die sterblichen Überreste Talaat Paschas in einem Staatsakt mit militärischen Ehren in die Türkei überführt. Auf persönlichen Befehl Adolf Hitlers

Über Sebastian Sigler 104 Artikel
Der Journalist Dr. Sebastian Sigler studierte Geschichte, Literaturwissenschaft und Kunstgeschichte in Bielefeld, München und Köln. Seit seiner Zeit als Student arbeitet er journalistisch; einige wichtige Stationen sind das ZDF, „Report aus München“ (ARD) sowie Sat.1, ARD aktuell und „Die Welt“. Für „Cicero“, „Focus“ und „Focus Money“ war er als Autor tätig. Er hat mehrere Bücher zu historischen Themen vorgelegt, zuletzt eine Reihe von Studien zum Widerstand im Dritten Reich.