Statt auf Vermittlung setzt Olaf Scholz, Hamburgs Ex-Bürgermeister und unerfahrener Bundeskanzler, hundertmilliardenfach auf Hochrüstung, Drohnen und nukleare Teilhabe. Und er findet gleichsam waffenstarrenden Applaus im Deutschen Bundestag. Diesbezüglich zeigt sich der Philosoph Günther Anders (1902–1992) in seinem Buch „Die atomare Drohung“ hellsichtiger als tausend Sonnen. G. Anders schrieb prophetisch:
„… von einem ehemaligen Bürgermeister zu verlangen, diejenige Vorstellungskraft aufzubringen, die der möglichen Apokalypse angemessen wäre, also ihre Phantasie ins Unendliche zu erweitern, das ist eine Überforderung. Aber gerade in dieser Überforderung besteht die heutige moralische Forderung, ja sogar die Minimalforderung von heute. Denn wenn diejenigen, die das heutige Geschick der Welt lenken, dieser Forderung gegenüber versagen…, dann besteht in diesem ihrem Versagen, da es unser aller Ende zur Folge haben kann, ihre ‚Schlechtigkeit‘.“
Ohne Frage handelte Russland völkerrechtswidrig. Vermutlich würde Russland selbst dieses Urteil unterschreiben. Ist doch in der Charta der Vereinten Nationen als Ziel festgelegt, „Angriffshandlungen und andere Friedensbrüche zu unterdrücken“.
Jetzt bedarf es vereinter Kräfte und produktiver Einbildungskraft statt nekrophiler Drohgebärden, um einen Ausweg aus der sich festfressenden Kriegsdynamik zu weisen. – Um zumal Russland eine gangbare Abzweigung vom bislang eingeschlagenen Pfad der Verheerung aufzuzeigen.
Wie könnte eine vermittelnde Position aussehen? Eine hypothetische Initiative: Auf Anregung des deutschen Bundeskanzlers bringen Deutschland und Frankreich gemeinsam etwa folgenden Vorschlag ein: Vertraglich gesicherter künftiger neutraler Status der Ukraine mit dauerhaftem Verzicht auf einen Nato-Beitritt. Sofortiger Abzug der russischen Truppen aus der Ukraine. Entmilitarisierung der Ukraine. Reparationszahlungen von Seiten Russlands an die Ukraine. Wäre dies ein Kniefall vor der in Gang gesetzten russischen Militärmaschine?
Erwägen wir eine alternative Entwicklung:
Die Ukraine wird zunächst EU-Mitglied und nach einem Waffenstillstand mit Russland auch Nato-Mitglied. Die Krim bleibt russisch. 2025 kommt es im Grenzgebiet zur Krim zu einem militärischen Zwischenfall. Eine Seite beschießt die andere. Auf einer bestimmten Stufe der Eskalation beruft sich die Ukraine auf ihre Nato-Mitgliedschaft und deklariert, der Bündnisfall sei eingetreten. Der Dritte Weltkrieg hat begonnen.
In dem Maße, in dem dieses Szenario nicht vollkommen abwegig ist, wäre die oben vorgestellte hypothetische Alternative sicherlich mehr als ein Kniefall vor russischen Machtambitionen.
„Morituri aller Länder vereinigt Euch!“
(Günther Anders)