Luther, Brecht und weise Sprüche … … sind auf grandiosen künstlerischen Medaillen der Münchner staatlichen Münzsammlung zu sehen – leider nur noch bis 9. Januar

Bernd Göbel, * 1942, gedenkt Edward Snowden (2013), rückseitig der chinesische Spruch „Wer die Wahrheit sagt, braucht ein schnelles Pferd“. Foto: Hans Gärtner

Die Ausstellung „Hand Große Kunst“ zeigt die Staatliche Münzsammlung München in der Residenz schon seit 9. März. Dass sie nun schon am 9. Januar schließt, um ans Münzkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin weiter zu wandern, ist ebenso bedauerlich wie die Tatsache, dass hier erst jetzt darüber berichtet werden kann. Grund: Erst ab Mitte Dezember liegt der einmalige Katalog vor, dem alle Daten und Fakten in Beiträgen vornehmlich der Herausgeber Dietrich O. A. Klose und Bernhard Weisser entnehmbar sind. In der Ausstellung selbst sind zwar seit Anbeginn die Exponate aufs Genaueste, aber eben doch nur diese und nicht auch ihre Zusammenhänge und künstlerischen Hintergründe, beschrieben.

Den knapp 450 Seiten starken, ebenso grandiosen wie die Schau selbst durchfotografierten Katalog kann, Scherz beiseite, nur mit heimnehmen, wer sich eines Packesels, zumindest einer rissfesten Tragetüte sicher ist. Münzen-, Medaillen- und Plaketten-Freunde scheuen keine Mühe, sich das Buch zuzulegen. Schon deshalb, weil darin durchaus nicht nur die Medaillen-Kunsthistoriker zu Wort kommen, sondern auch Texte der Künstlerinnen und Künstler enthalten sind, die der speziellen Herstellung „handgroßer“ Stücke von besonderer Ausstrahlung und zeitgeschichtlicher Bedeutung nachgehen. Dass sich ihnen die Oberammergauer staatliche Berufsfachschule für Holzschnitzer mit Ton-Arbeiten anschließt, ist ein bayerisches Schmankerl.

Die 400 ausgesuchten Werke aus Deutschland der Jahre 2007 bis 2020 aus Silber, Eisen, Bronze, Edelstahl, Kupfer, Messing, Glas, Stein, Terrakotta, Bisquitporzellan weisen thematisch einerseits in die (vor allem literarische) Vergangenheit, andererseits in die Gegenwart mit ihren drangvollen Problemen Flucht, Vertreibung, Armut, Artenvielfaltverlust, Raubbau in der Natur, Klimaveränderung, Religionsfreiheit und deutsche Einheit. Viele sind auch Gedenktagen, Jubiläen und Persönlichkeiten wie etwa den Autoren Hannah Arendt, Heiner Müller, Bert Brecht oder Franz Kafka, der Tänzerin Martha Graham, Goethes letzter Liebe, Beethoven, Spalatin, Winckelmann, sogar Edward Snowden oder so unterschiedlichen Figuren wie Kater Murr oder Agnes Bernauer gewidmet. Große Denker und Poeten werden in Zitaten und Sprüchen zum Klingen gebracht: von Aristoteles über Luther bis Rilke. Die Bandbreite ist ebenso groß wie erstaunlich. Ausstellung und Katalogbuch (26 Euro) ein museales Ereignis. (Bis 9. Januar, Di bis So 10 bis 17 Uhr)                   

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Prof. Dr. Hans Gärtner, Heimat I: Böhmen (Reichenberg, 1939), Heimat II: Brandenburg (nach Vertreibung, `45 – `48), Heimat III: Südostbayern (nach Flucht, seit `48), Abi in Freising, Studium I (Lehrer, 5 J. Schuldienst), Wiss. Ass. (PH München), Studium II (Päd., Psych., Theo., German., LMU, Dr. phil. `70), PH-Dozent, Univ.-Prof. (seit `80) für Grundschul-Päd., Lehrstuhl Kath. Univ. Eichstätt (bis `97). Publikationen: Schul- u. Fachbücher (Leseerziehung), Kulturgeschichtliche Monographien, Essays, Kindertexte, Feuilletons.