Der Paritätische, BUND und GEW warnen davor, Steuererhöhungen zum Tabu zu erklären.
Nach einer repräsentativen Umfrage findet eine klare Mehrheit der Bevölkerung die Verteilung privater Vermögen ungerecht und hält es für wichtig, dass großer Reichtum stärker als bisher zur Finanzierung des Gemeinwohls herangezogen wird. Großer Investitionsbedarf wird in Bereichen wie Pflege, Bildung, Soziales, Umwelt und Digitalisierung gesehen. Fast zwei Drittel der Befragten finden es wichtig, dass sich SPD und Grüne mit entsprechenden Forderungen in den Koalitionsverhandlungen durchsetzen, unter den Anhänger*innen von SPD und Grünen sind es sogar 87 Prozent bzw. 90 Prozent.
Der Paritätische Wohlfahrtsverband, die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) sehen sich durch die Umfrage in ihrer Sorge um die Zukunft des Sozialstaates und eine echte sozial-ökologische Transformation bestätigt. Gemeinsam warnen die Organisationen die Verhandler*innen von SPD, Grünen und FDP davor, Steuererhöhungen zum Tabu einer Ampel-Koalition zu erklären. Das Sondierungspapier könne an dieser Stelle nicht das letzte Wort gewesen sein. Um eine echte ökologische Wende konsequent und sozial gerecht zu gestalten und um sowohl notwendige Investitionen und Reformen als auch laufende Kosten wie beispielsweise für mehr Personal in Pflege, öffentlichen Nahverkehr oder Bildung zu bestreiten, seien hunderte Milliarden Euro nötig.
Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands: „Wer es ernst meint mit einer sozial-ökologischen Wende und einem fortschrittlichen Sozialstaat, wer Armut abschaffen und diese Gesellschaft zusammenhalten statt weiter spalten will, muss sich der Verteilungsfrage stellen. Wenn jede Steuererhöhung zum Tabu erklärt wird, können die anstehenden Herausforderungen nicht gestemmt werden. Die Umfrage zeigt, dass die Menschen in diesem Land genau wissen, was auf dem Spiel steht. Das müsste allen Verhandler*innen zu denken geben. Irgendwo muss das Geld herkommen.“
Maike Finnern, Vorsitzende Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW): „Das Bildungswesen in Deutschland ist seit Jahren strukturell unterfinanziert. Die Qualität der Angebote für Kinder, Jugendliche und Erwachsene hinkt deshalb häufig den gesellschaftlichen Anforderungen und Erwartungen hinterher. Daher müssen die Investitionen in die Bildung massiv erhöht werden. Konkret: Der Digitalpakt Schule muss besser finanziert und verstetigt werden. Das Ganztagsprogramm muss umgesetzt und solide durchfinanziert werden. Zudem müssen die Koalitionäre in spe ein Programm zur Sanierung der Schulen und Hochschulen auflegen.“
Olaf Bandt, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND): „Eine große Mehrheit der Bevölkerung stellt sich hinter unsere Forderung nach einem Ausbau staatlicher Investitionen in Natur- und Klimaschutz. Doch das Sondierungspapier lässt erkennen, dass die erheblichen ökologischen Umbauprojekte nicht finanzierbar sein werden. SPD, Grüne und FDP müssen sich ehrlich machen und breiten Schultern mehr zu tragen geben. Ohne Zumutungen werden wir Klimakatastrophe und das Artensterben nicht abwenden können.“
Die repräsentative Umfrage wurde vom 28. Oktober bis 2. November 2021 vom Markt- und Meinungsforschungsinstitut forsa im Auftrag des Paritätischen Gesamtverbands durchgeführt. Insgesamt wurden 1.027 Personen über 18 Jahre befragt.
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