Österreich: Kanzler Kurz muss Rücktritt erklären

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Österreich erlebt den größten Skandal seit Gründung der 2. Republik. Dabei sind die schwersten Vergehen noch nicht in der öffentlichen Debatte.  Der eklatante Amtsmissbrauch der Justizbehörden mit gravierenden Verletzungen des Eigentumsrechts.

Beihilfe zur Untreue und Korruption. Das waren die strafrechtlichen Vorwürfe der Korruptionsstaatsanwaltschaft gegen Sebastian Kurz.  Am Samstag zog er die Konsequenzen und gab seinen Rücktritt als Kanzler bekannt. „Möchte ich daher Platz machen, um Chaos zu verhindern und um Stabilität zu gewährleisten“, betonte Sebastian Kurz.

Zuvor ging Bundespräsident Alexander van der Bellen, am Freitag, mit einer Erklärung in die Öffentlichkeit, die den Rücktritt des Kanzlers einleiten sollte:
„Es gab Hausdurchsuchungen. Unter anderem auch im Bundeskanzleramt, und die Staatsanwaltschaft ermittelt in einer neuen Causa. Auch gegen den amtierenden Bundeskanzler. Im Raum stehen schwere Anschuldigungen. Unter anderem Untreue und Bestechung”, zeigte der österreichische Bundespräsident sich sehr besorgt.
„Österreich brauche eine Regierung, die mit stabiler Hand agiere”, wurde dann in der Presseaussendung erklärt, die das Bundeskanzleramt am 9. Oktober veröffentlichte.

Außenminister übernimmt Regierung


Als neuer Kanzler soll Außenminister Alexander Schallenberg bestellt werden. Er stammt aus einer Diplomatenfamilie. 2013 wurde er Leiter der Stabstelle für strategische außenpolitische Planung, 2016 übernahm er die Leitung der Europa-Sektion des Außenministeriums, seit Juni 2019 wirkte er als Außenminister.  Jetzt soll er in der Öffentlichkeit für ein seriöses Image sorgen, das der österreichischen Politik schon seit Jahren nicht mehr zugeschrieben werden konnte.

Schallenberg gilt allerdings auch als enger Vertrauter von Sebastian Kurz.  Damit soll der Einfluss des Netzwerks wohl weiterhin abgesichert werden. Dafür will Kurz selbst auch „als Parteiobmann und als Klubobmann ins Parlament zurückkehren“ und brachte dabei die Hoffnung zum Ausdruck, dass er die gegen ihn vorgebrachten Vorwürfe entkräften werde.  

Schwierigkeiten prognostiziert

Schon vor der Wahl von Sebastian Kurz zum österreichischen Kanzler war Skepsis an seiner beruflichen Qualifikation und an seinen charakterlichen Eigenschaften durchaus angebracht. 

Es wurde dabei auch erkannt, dass Österreich schwerwiegende Probleme mit der Rechtsstaatlichkeit aufweist. Tausende Fälle von Vermögenskonfiskationen sind dokumentiert, politisch und finanziell motiviert, gedeckt durch eklatanten Amtsmissbrauch, die Korruption reicht nachweislich bis in das Justizministerium der Republik Österreich. Deshalb war vorhersehbar, dass die österreichische Regierung jedenfalls noch in Schwierigkeiten geraten wird:

„Mit ihrer aktuellen Führung versagt die ÖVP bei der Verteidigung des Eigentumsrechts. Mit der eklatanten Verletzung von Grundrechten wird die nächste Bundesregierung in Österreich jedenfalls noch konfrontiert werden. Es wird sich nicht vermeiden lassen, dass Österreich damit zum Skandalland der Europäischen Union wird“.
(Johannes Schütz, „The Importance of Being Earnest“, The European, 28. 10. 2017)

Kurz war kein Heiland

Die deutschen Medien glorifizierten den österreichischen Außenminister Sebastian Kurz als neuen Heiland. Nach seiner dreisten Kritik an Bundeskanzlerin Merkel, weil er ihre Politik für Kriegsflüchtlinge aus einer Krisenregion ablehnte, obwohl die Maßnahmen der deutschen Bundesregierung durchaus nachvollziehbar und solide ausgerichtet waren. Nach dem Rücktritt von Kurz als Kanzler bricht diese Allianz mit den Medien allerdings rasch zusammen.  Die Süddeutsche Zeitung kann dafür als Beispiel gelten, in der Kurz jetzt, in einem Beitrag vom 10. Oktober, als „Mann ohne Moral“ präsentiert wird.

Amtsmissbrauch, Korruption und politische Unanständigkeit wurden in Österreich über viele Jahre schamlos gedeckt. Österreich wird deshalb als das Skandalland der Europäischen Union auch künftig nicht aus den Schlagzeilen kommen. 

Links:

Wartet auf Sebastian Kurz als neuem Bundeskanzler wieder ein Eklat?
Tabula Rasa, 26. 9. 2019
Regierung wie im Alten Rom
Tabula Rasa, 6. 7. 2019

Österreichische Präsidentschaftskanzlei deckt Enteignungen
Tabula Rasa, 19. 3. 2019

Finanzen

Über Johannes Schütz 108 Artikel
Johannes Schütz ist Medienwissenschafter und Publizist. Veröffentlichungen u. a. Tabula Rasa Magazin, The European, Huffington Post, FAZ, Der Standard (Album), Die Presse (Spectrum), Medienfachzeitschrift Extradienst. Projektleiter bei der Konzeption des Community TV Wien, das seit 2005 auf Sendung ist. Projektleiter für ein Twin-City-TV Wien-Bratislava in Kooperation mit dem Institut für Journalistik der Universität Bratislava. War Lehrbeauftragter an der Universitat Wien (Forschungsgebiete: Bibliographie, Recherchetechniken, Medienkompetenz, Community-TV). Schreibt jetzt insbesondere über die Verletzung von Grundrechten. Homepage: www.journalist.tel