Die Angst vor dem hohen Ton – Opernstudio-Festspielkonzert 2021: Gelungene Auftritte junger Talente

Foto: Hans Gärtner Openair-Break für Solisten und Pianisten zwischen „Faust“ und „Pasquale“

Festspielkonzerte sind keine Raritäten beim Münchner Opernfestival `21, doch nur eines von ihnen lenkt die Aufmerksamkeit allein auf die menschliche Stimme. Die Veranstaltung im Cuvilliéstheater hieß denn auch zuerst Festspiel-Arienabend. Was aber auch nicht exakt trifft, was Jungtalente aus dem Opernstudio der BSO boten; traten diese doch nicht nur solistisch auf, sondern auch in Ensembles. Bei den 23 Stücken aus Werken Mozarts, Gounods, Donizettis und Johann Strauß` gab es mehrere Chancen, sich im Aufeinander-Hören und Miteinander-Agieren zu bewähren.

Der durch eine Verschnauf- und Maskenablage-Pause geteilte zweistündige Abend – abwechselnd mit Ewa Danilewska und Michael Pandya am Flügel – begann mit Szenen aus „La clemenza di Tito“ so gemessen und beinahe langweilig wie er turbulent und geradezu Affekt heischend endete. Die sechs Herren und fünf Damen ließen beim großen Tableau aus „La Traviata“ und mit „Funiculi-Funicula“ die Sau raus und gewannen damit die schon einzutrocknen drohenden Herzen des auf Abstand sitzenden Publikums.

Ein aufsehenerregendes neues Stimm-Wunder war nicht auszumachen, wenngleich viel Respektierliches an vokaler Finesse zu hören war. Keine Angst vor seinem hohen Ton hatte der leider sonst steife „Faust“ des Andres Agudelo. Seine erfrischende Kollegin Juliana Zara alias „Fledermaus“-Adele erreichte ihn allerdings weitaus müheloser. Beachtlich: die „Klänge der Heimat“ aus der Kehle Eliza Booms, der ein schönes Echo und weitere feine Piani glückten. Bassist Christian Valle und Bariton Theodore Platt wetteiferten um den Preis für die beste Buffo-Szene des Abends mit dem Duett „Udite … Bella siccome un angelo“ aus „Don Pasquale“.

Alle Beteiligten dieser Talente-Show kommen aus dem Ausland, bis aus Kolumbien und China. Viele von ihnen studier(t)en in Europa, wenn nicht gar in Deutschland. An kleineren Häusern traten etliche schon in anspruchsvollen Partien auf und trugen Wettbewerbspreise davon. Sarah Gilford, der zu ihrer locker-fülligen Juwelen-Arie gratuliert werden kann, war am Nationaltheater schon als Taumännchen, Eliza Boom als Woglinde zu erleben.

Das neue Opernstudio stellt sich am 27. November im Cuvilliéstheater vor. Bei zwei Porträtkonzerten am 7. November und 12. Dezember im Münchner Künstlerhaus werden wieder Michael Pandya und Ewa Danilewska je zwei Opernstudio-Mitglieder pianistisch begleiten.

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Prof. Dr. Hans Gärtner, Heimat I: Böhmen (Reichenberg, 1939), Heimat II: Brandenburg (nach Vertreibung, `45 – `48), Heimat III: Südostbayern (nach Flucht, seit `48), Abi in Freising, Studium I (Lehrer, 5 J. Schuldienst), Wiss. Ass. (PH München), Studium II (Päd., Psych., Theo., German., LMU, Dr. phil. `70), PH-Dozent, Univ.-Prof. (seit `80) für Grundschul-Päd., Lehrstuhl Kath. Univ. Eichstätt (bis `97). Publikationen: Schul- u. Fachbücher (Leseerziehung), Kulturgeschichtliche Monographien, Essays, Kindertexte, Feuilletons.