Neue Studie zur Wirkung der Staatsausgaben

euro münzen währung geld gelb europa wachstum, Quelle: image4you, Pixabay License Freie kommerzielle Nutzung Kein Bildnachweis nötig https://pixabay.com/de/photos/euro-m%C3%BCnzen-w%C3%A4hrung-geld-gelb-1353420/

Nachfolgend finden Sie eine Zusammenfassung der neuesten Untersuchungen von Daniel Murphy [1], Assistant Professor of Business Administration an der Darden School of Business der University of Virginia.

DIE TATSÄCHLICHE WIRKUNG DER STEUERANREIZE: UNGLEICHHEIT, ZINSSÄTZE UND MEHR ERHÖHEN STEUERANREIZE DIE ZINSSÄTZE UND STRAFFEN SIE DIE KREDITMÄRKTE, WIE THEORETISCHE MODELLE DER MAKROÖKONOMIE VORHERSAGEN? NEUE FORSCHUNGEN ZEIGEN, WIE SICH DIE STAATSAUSGABEN TATSÄCHLICH AUF DIE US-WIRTSCHAFT AUSWIRKEN – UND WELCHE STARKEN UNGLEICHHEITEN MIT DER
REAKTION DER ZINSSÄTZE AUF STEUERLICHE ANREIZE ZUSAMMENHÄNGEN.

In den Schlagzeilen wird eine Verlangsamung der US-Wirtschaft trotz
einiger der höchsten fiskalischen Konjunkturaktivitäten der
amerikanischen Geschichte in den letzten Jahren angekündigt.[1] Die
Situation wirft die Frage auf: Wie wirken sich die Staatsausgaben
tatsächlich auf die amerikanische Wirtschaft aus? Ein traditionelles
Problem bei höheren Staatsausgaben ist die Erhöhung der Zinssätze,
wodurch die Investitionen und das künftige Wirtschaftswachstum
verringert werden. Diese Besorgnis beruht auf den Vorhersagen
theoretischer Modelle der Makroökonomie, die bisher einheitlich
voraussagten, dass die Staatsausgaben die Kreditmärkte straffen.

Trotz dieses theoretischen Konsenses gibt es kaum Anzeichen dafür, dass
die Staatsausgaben tatsächlich die Zinssätze in den Vereinigten
Staaten oder anderen fortgeschrittenen Volkswirtschaften erhöhen. Im
Gegenteil, Beweise aus den USA und Großbritannien legen nahe, dass die
Staatsausgaben die Zinssätze senken.[2]

REAKTION DER ZINSSÄTZE AUF STEUERLICHE ANREIZE: IRRF

Der Darden [2]-Professor Daniel Murphy [1] und seine Kollegen, die mit
University of Virginia zusammenarbeiten – Jorge Miranda-Pinto, Kieran
James Walsh und Eric R. Young – schlagen eine neue Theorie vor, um zu
erklären, wie die Zinssätze als Reaktion auf die Erhöhung der
Staatsausgaben tatsächlich sinken können. Sie dokumentieren zunächst,
wie die Zinssätze in Ländern mit hohem Einkommen reagieren. In
Übereinstimmung mit früheren Erkenntnissen stellen sie fest, dass die
Reaktion der Zinssätze auf steuerliche Anreize (Interest Rate Response
to Fiscal stimulus, IRRF) in den USA _negativ_ ist. Die IRRF ist auch in
etwa der Hälfte der Länder mit hohem Einkommen, die Mitglieder der
Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD)
sind, negativ. In der anderen Hälfte ist die IRRF positiv.

Warum ist die IRRF in einigen Ländern positiv (im Einklang mit der
Standardtheorie), in anderen jedoch nicht? Um diesen Fragen nachzugehen, untersuchen sie eine Reihe von Faktoren auf Länderebene und stellen fest, dass eine hohe Verschuldung der Verbraucher und eine hohe Ungleichheit mit einer niedrigeren IRRF verbunden sind. Ihr Ergebnis ist besonders überraschend, da frühere theoretische Arbeiten darauf
hindeuten, dass eine hohe Verschuldung mit zusätzlichem Druck auf die
Kreditmärkte als Reaktion auf die Staatsausgaben und einer höheren
IRRF verbunden sein sollte.

Um diese ansonsten rätselhafte Beziehung zu erklären, appellieren die
Autoren an ein Begleitpapier, „A Model of Expenditure Shocks“,[3] das
ein Modell vorschlägt, bei dem viele hoch verschuldete Haushalte mit
niedrigem Einkommen sparen, anstatt zusätzliches Einkommen auszugeben. Sie zeigen, dass ein solches Modell die Konsum- und Einkommensmuster der Haushalte erklären kann.

DIE FORSCHUNG

Professor Murphy und seine Kollegen verglichen Daten aus zwei
Jahrzehnten, hauptsächlich aus Ländern der OECD, ergänzt durch
zusätzliche Datenstichproben. Sie untersuchten insbesondere die
Beziehung zwischen IRRF und Einkommensungleichheitsmessungen für jedes Land. Das Maß der Ungleichheit ist das Verhältnis des Einkommens des reichsten Zehntels der Bevölkerung zum Einkommen des ärmsten Zehntels – Zahlen, die von der OECD zur Verfügung gestellt werden. Die Forscher ermittelten anschließend den Durchschnitt dieses Verhältnisses über den Zeitraum 2001-13 und zeigten, dass die Vereinigten Staaten das
ungleichste Land sind, während Dänemark die größte Gleichheit
aufweist.

Die Forscher stellten diese Daten den Renditen von Staatsanleihen im
Zeitraum 1987-2007 gegenüber[4], um eine umgekehrte Beziehung zwischen Einkommensungleichheit und IRRF (gemessen an der Reaktion der Renditen von Staatsanleihen auf fiskalische Schocks) aufzuzeigen. Mit anderen Worten: In Ländern mit hoher Einkommensungleichheit führen
Steueranreize (wie z.B. Steuernachlässe) zu einem geringeren Anstieg
der Zinssätze als in Ländern mit größerer Einkommensgleichheit.
Etwas mehr als die Hälfte der 28 untersuchten Länder hatte eine
negative Zinsreaktion auf Steueranreize.

EINE NEUE THEORIE

Warum könnte das Verhalten hoch verschuldeter Haushalte für das
Verständnis der IRRF von Bedeutung sein? Die Autoren entwickeln ein
allgemeines Gleichgewichtsmodell – eines, in dem viele Aspekte der
Wirtschaft miteinander verbunden sind -, um die Intuition zu
formalisieren.

Ihr Modell veranschaulicht folgende Verhältnisse:

* Höhere Ungleichheit führt dazu, dass sich mehr Haushalte mit
niedrigem Einkommen verschulden, um sich grundlegende Konsumbedürfnisse
leisten zu können.
* Wenn die Regierung Ausgaben tätigt, stellt sie diesen
einkommensschwachen Haushalten Einkommen zur Verfügung, in der
Hoffnung, dass diese (und andere) Ausgaben tätigen werden.
* Die Haushalte mit niedrigem Einkommen und hoher Verschuldung nutzen
das zusätzliche Einkommen zur Tilgung der Schulden.
* Indem die Regierung den einkommensschwachen Haushalten Einkommen zur
Verfügung stellt, nutzt sie Ressourcen (aus Steuern, zu denen auch
Haushalte gehören, die mehr ausgeben).
* Diese Umverteilung des Einkommens trägt zur Entspannung der
Kreditmärkte bei.
* Dies, so schlagen sie vor, ist die Erklärung dafür, warum Länder
mit hoher Verschuldung und Ungleichheit eine niedrigere IRRF haben.

Dieser Mechanismus allein erklärt nicht, warum die Zinssätze in
einigen Ländern tatsächlich sinken. Dazu berufen sich die Autoren auf
Erkenntnisse aus anderen theoretischen Arbeiten einiger Autoren über
das Vorhandensein von Flaute – d.h. unausgelasteten Ressourcen – in der
Wirtschaft.[5] Die Autoren zeigen, dass die Kombination des
Umverteilungseffekts mit Theorien, die eine wirtschaftliche Flaute
aufweisen, die negative IRRF erklären kann.

_Daniel Murphy [1] verfasste gemeinsam mit Jorge Miranda-Pinto von der
University of Queensland, Kieran James Walsh von der University of
California, Santa Barbara, und Eric R. Young von der University of
Virginia das Buch „Saving Constraints, Debt, and the Credit Market
Response to Fiscal Stimulus“._

[1] Siehe zum Beispiel Jared Bernstein: “ Despite All the Stimulus, the
U.S. Economy Is Slowing. What’s Up With That?“ _The Washington Post_,
26. Juli 2019,
http://www.washingtonpost.com/outlook/2019/07/26/despite-all-stimulus-us-economy-is-slowing-whats-up-with-that
oder Patricia Cohen, „US Growth at Slowest Since 2016, Complicating
Trump’s Pitch“, The New York Times, 30. Januar 2020,
https://www.nytimes.com/2020/01/30/business/economy/gdp-numbers.html

[2] Daniel Murphy und Kieran James Walsh, „Government Spending and
Interest Rates“, 10. Oktober 2018, Darden Business School Working Paper
Nr. 2634141, http://dx.doi.org/10.2139/ssrn.2634141. [3]

[3] Jorge Miranda-Pinto, Daniel Murphy, Kieran James Walsh und Eric R.
Young, „A Model of Expenditure Shocks“, 3. Januar 2020, Darden Business
School Working Paper Nr. 3455745,
[4]http://dx.doi.org/10.2139/ssrn.3455745.

[4] Sie hörten 2007 auf, um strukturelle Brüche im Zusammenhang mit
der globalen Finanzkrise zu vermeiden.

[5] Daniel Murphy, „Excess Capacity in a Fixed-Cost Economy“, _European
Economic Review_ 91 (Januar 2017): 245 – 260,
https://doi.org/10.1016/j.euroecorev.2016.11.002, [5] und Daniel Murphy
und Kieran James Walsh, „Government Spending and Interest Rates, Darden
Business School Working Paper No. 2634141 (Oktober 2018),
http://dx.doi.org/10.2139/ssrn.2634141.

Medienkontakt:

Ida Junker – Agentur: PPOOL

Über Autor kein 3263 Artikel
Hier finden Sie viele Texte, die unsere Redaktion für Sie ausgewählt hat. Manche Autoren genießen die Freiheit, ohne Nennung ihres eigenen Namens Debatten anzustoßen.