Shoshana Zuboff: Das Zeitalter des Überwachungskapitalismus

Straßenschild, Foto_ Stefan Groß

Shoshana Zuboff: Das Zeitalter des Überwachungskapitalismus, Campus, Frankfurt/Main 2018, IBSN: 978-3-593-50930-3. 29,95 EURO (D)

Shoshana Zuboff bewertet die soziale, politische, ökonomische und technologische Bedeutung der digitalen Transformation und das Neuentstehen von Firmen wie Google oder Facebook. Sie zeichnet ein sehr düsteres Bild der neuen Märkte, auf denen Menschen nur noch Lieferanten von Verhaltensdaten. Der gläserne Mensch ist nicht mehr Herr der digitalen Welt, sondern ihr Sklave, Objekt der Internetfirmen zum Scheffeln von noch mehr Geld. Die Gefahren dieser Entwicklung werden verstärkt herausgehoben und dämonisiert.

Zunächst breitet sie die Grundlagen des Überwachungskapitalismus, die Ursprünge und seiner frühen Entwicklung. Danach stellt die die Durchmischung zwischen der Online-Welt mit der realen Welt dar, zu welchem Zweck das getan wird, welche Ziele damit erreicht werden wollen und wer davon profitiert. Abschließend stellt sie einen Zustand dar, wonach eine Schar von Rechnern und ihre Infrastruktur ausreichen, um Menschen totalitär zu beherrschen. Die die Gefahr durch die Unternehmen für die Gesellschaft ist  eine zu hohe Marktkonzentration und der damit verbundene Verlust von demokratischer Kontrolle.

Dies ist ein Buch mit typisch dystopischen Elementen. Eine Dystopie ist ein Gegenbild zur positiven Utopie, der Eutopie, und eine fiktionale, in der Zukunft spielende Erzählung mit negativem Ausgang. Sie entwirft ein zukunftspessimistisches Szenario von einer Gesellschaft, die sich zum Negativen entwickelt, und stellt somit einen Gegenentwurf zur Utopie dar. Häufig wollen die Autoren dystopischer Geschichten mit Hilfe eines pessimistischen Zukunftsbildes auf bedenkliche Entwicklungen der Gegenwart aufmerksam machen und vor deren Folgen warnen.

Unzählige Nutzer geben Unmengen an ihren Verhaltensdaten meist freiwillig an die jeweiligen Firmen. Um die Folgen zu erklären, zieht sie die Arbeiten von Psychologen, Soziologen, Juristen IT-Fachleuten heran, um den Lesern begreiflich zu machen, dass die Entwicklungen, bei denen an die Überwachungskapitalisten täglich verschenken, die breite Masse der Menschen in ein totalitäres Zeitalter ohne jede Freiheit und der Chance zum selbständigen Denken und Fühlen hineinzwingen.

Die Rückgewinnung der Souveränität des Menschen über seine Verhaltensdaten ist das Credo von Zuboff, ehe es zu spät ist. Manche Übertreibungen sind gewollt, um den Leser die Nachteile der augenblicklichen Entwicklung vor Augen zu führen. Sicherlich ein Buch, über das man länger nachdenkt.

Über Michael Lausberg 572 Artikel
Dr. phil. Michael Lausberg, studierte Philosophie, Mittlere und Neuere Geschichte an den Universitäten Köln, Aachen und Amsterdam. Derzeit promoviert er sich mit dem Thema „Rechtsextremismus in Nordrhein-Westfalen 1946-1971“. Er schrieb u. a. Monographien zu Kurt Hahn, zu den Hugenotten, zu Bakunin und zu Kant. Zuletzt erschien „DDR 1946-1961“ im tecum-Verlag.