Deutschland und Afghanistan. Verwobene Geschichte(n)

Volker Bausch, Mathias Friedel, Alexander Jehn (Hrsg.)

Mittelmeer, Foto: Stefan Groß

Volker Bausch, Mathias Friedel, Alexander Jehn (Hrsg.): Deutschland und Afghanistan. Verwobene Geschichte(n), De Gruyter Oldenbourg, Berlin/Boston 2018, ISBN: 978-3-110-59596-3, 49,95 EURO (D)

Dieser Sammelband beschreibt episoden- und geschichtenhaft die Hintergründe der Beziehungen zwischen Deutschland und Afghanistan. Die mehr als 100jährige Geschichte wird anhand bisher unveröffentlichter Text- und Bildquellen näher erläutert.

Zehn deutsche und afghanische Journalisten, Experten, ehemalige Spitzendiplomaten und Schriftsteller in zwölf Beiträgen aus unterschiedlichen Blickwinkeln die miteinander verwobene Geschichte der beiden Länder.

Das Buch beginnt mit einem Vorwort der Herausgeber und Rangin Dadfar Spanta, ehemaliger Außenminister Afghanistans und einer Einführung von Alexander Jehn. Danach stellt Gunter Mulack Afghanistan und die strategische Bedeutung der Region als Spielball der Weltmächte dar. Danach geht es um die ersten Beziehungen während des 2. Weltkrieges. 1915/16 bemühten sich Oskar Niedermayer und Werner von Hentigs um eine Bündniszusage des Landes gegen Britisch-Indien, was von Thomas Schmid skizziert wird. Volker Bausch beschäftigt sich mit der Beziehung der Weimarer Republik und dem König Amanullah 1920-1929. Anschließend geht es um Evakuierungsflüge von Diplomaten aus Kabul, das von feindlichen Truppen belagert wurde. Es folgt eine Darstellung von Volker Bausch über die strategische Bedeutung Afghanistans für das NS-Regime, bevor eine deutsch-afghanische Familiengeschichte erzählt wird. Danach folgt ein Bildteil quer durch die 100jährige Geschichte der Beziehungen beider Länder. Danach erörtert Volker Bausch die Beziehungen der BRD und Afghanistan im Kalten Krieg vor dem Einmarsch der sowjetischen Truppen. Reinhard Schlagintwelt geht dann auf die Erinnerungen eines deutschen Diplomaten in Afghanistan zwischen 1958n bis 1961 ein. 

Nach einer zweiten deutsch-afghanische Familiengeschichte werden die Beziehungen der DDR und Afghanistan zwischen 1973 und 1990 erörtert. Die Amani-Schule in Afghanistan wird in den Kriegswirren nach 1990 vorgestellt, bevor Sultan Karimi die Mediothek Afghanistan und ihr Bemühen um Frieden näher erläutert. Danach werden Zahlen des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung über die Lage in Afghanistan (2009-2017) präsentiert. Paul F. Glause beschäftigt sich anschließend mit den von Deutschland geförderten Schulen in Kabul. Weiterhin setzt sich Taqi Akhlaqi mit den Fluchtbewegungen aus Afghanistan in die BRD auseinander. Hassan Ali Djan und Veronica Frenzel gehen auf die Situation von Afghanen in der BRD zwischen Heimat und Ausgrenzung ein. Im Anhang findet man noch einen Bildnachweis und eine Auflistung der Autoren.

Afghanistan wird in der BRD oft mit Krieg, Armut, Zerstörung und radikalem Islamismus gleichgesetzt. In diesem Buch wird auch ein anderes Afghanistan gezeigt: eines der Hoffnung und des Wiederaufbaus. Besonders der Artikel über Afghanistan als Spielball der Weltmächte zeigt, dass oft fremde Invasoren über deren Schicksal bestimmt haben und noch immer bestimmen. 

Das Buch bietet einen guten Zugang aus verschiedenen Blickwinkeln auf ein Land im Krieg und wurde von Experten geschrieben. Leider ist das Kapitel über die Migration aus Afghanistan in die BRD zu kurz gehalten, besonders die umstrittene Abschiebung in ein Kriegsgebiet hätte deutlicher diskutiert werden müssen.

Über Michael Lausberg 572 Artikel
Dr. phil. Michael Lausberg, studierte Philosophie, Mittlere und Neuere Geschichte an den Universitäten Köln, Aachen und Amsterdam. Derzeit promoviert er sich mit dem Thema „Rechtsextremismus in Nordrhein-Westfalen 1946-1971“. Er schrieb u. a. Monographien zu Kurt Hahn, zu den Hugenotten, zu Bakunin und zu Kant. Zuletzt erschien „DDR 1946-1961“ im tecum-Verlag.