Am Freitag wurden auf dem FILMFEST MÜNCHEN deutsche Nachwuchstalente mit dem begehrten Förderpreis Neues Deutsches Kino ausgezeichnet. Die Jury – bestehend aus Melika Foroutan, Claudia Steffen und Alfred Holighaus – ehrte Jan-Ole Gerster mit dem Preis für die Beste Regie für seinen Film „Lara“. Martin Lischke („Leif In Concert“) erhielt den Produzentenpreis. Gleich zwei Preise gingen an Beteiligte von „Es gilt das gesprochene Wort“: Nils Mohl und Ilker Çatak wurden für das Beste Drehbuch ausgezeichnet, der Preis für das Beste Schauspiel ging an Oğulcan Arman Uslu. |
Der Förderpreis Neues Deutsches Kino ist einer der wichtigsten und höchstdotierten Nachwuchspreise in Deutschland. Gestiftet wird der insgesamt mit 70.000 Euro dotierte Preis von der Bavaria Film, dem Bayerischen Rundfunk und der DZ Bank. Nominiert sind automatisch alle Regisseure, Drehbuchautoren, Schauspieler und Produzenten, die ihre Spielfilme in der Festivalsektion Neues Deutsches Kino vorstellen, sofern es sich um ihren ersten, zweiten oder dritten langen Kinospielfilm handelt. Bei Produzenten darf es maximal der sechste Film sein. Die Preisverleihung und die anschließende Party fanden heute Abend in der Hochschule für Fernsehen und Film München statt. Die Preisträger Förderpreis Neues Deutsches Kino 2019 und Jurybegründungen: Förderpreis Neues Deutsches Kino REGIE (30.000 Euro): Jan-Ole Gerster für „Lara“ „Der Regisseur Jan-Ole Gerster hat sich für seinen zweiten Spielfilm bemerkenswert weit von der Welt seines erfolgreichen Debüts ‚Oh Boy‘ weg gewagt – im wahrsten Sinne des Wortes. Er erzählt, wie schon der Titel unmissverständlich klar macht, die Geschichte einer Frau, die sich selbst im Weg zu stehen scheint und damit ihr gesamtes Umfeld zum Stolpern bringt. Aber Gerster gelingt es mit Hilfe seiner großartigen Hauptdarstellerin Corinna Harfouch, dies nicht als Geschichte eines Scheiterns zu erzählen. Lara ist nämlich nicht nur eine Zumutung für ihr persönliches und berufliches Umfeld, sondern auch eine Herausforderung. (…) ‚Lara‘ ist auffällig, aber nicht aufdringlich formbewusst inszeniert, findet starke und originelle Bilder und ist in jeder Rolle grandios besetzt. Jan-Ole Gerster brauchte Zeit für seinen zweiten Film. Die hat er sich genommen, was sowohl dem Film als auch dem Filmemacher gut bekommen ist.“ Förderpreis Neues Deutsches Kino SCHAUSPIEL (10.000 Euro): Oğulcan Arman Uslu für „Es gilt das gesprochene Wort“ „Oğulcan Arman Uslu ist eine Entdeckung. Nicht, weil er offenbar in letzter Sekunde beim Casting auffiel, sondern weil er eine menschliche Erzählung ist. (…) Er offenbart eine neue Körperlichkeit ohne aufdringlichen Machismo, seine nicht zu leugnende Virilität bleibt zart, und er ist in jeder Phase der Geschichte, die eine echte Entwicklung beschreibt, glaubwürdig und überzeugend. Drehbuch und Inszenierung erlauben und ermöglichen diesem Talent eine Figur, die sich in mehrfacher Hinsicht auf eine Reise begibt – buchstäblich vom Tellerwäscher zum Abteilungsleiter. Jede Etappe dieser Reise bringt Baran ein Stückchen weiter. Das ist sehr genau gespielt – sowohl in seiner beherrschten, aber faszinierenden Gestik und Mimik als auch seiner sprachlichen Entwicklung, die in ihrer Authentizität einzigartig ist. Oğulcan Arman Uslu ist und hat Zukunft.“ Förderpreis Neues Deutsches Kino DREHBUCH (10.000 Euro): Nils Mohl und Ilker Çatak für „Es gilt das gesprochene Wort“ „In diesem Film gilt das gesprochene Wort besonders viel, weil es in der Erzählung der sprachlichen Entwicklung der männlichen Hauptfigur Baran mit Bedacht gewählt und präzise angewendet wird und weil es der weiblichen Hauptfigur Marion die Möglichkeit bietet, sich in ihrer komplexen emotionalen und sozialen Befindlichkeit klar zu behaupten und stark zu artikulieren. Nach einer außergewöhnlich klaren Exposition schafft es das in drei dramaturgisch und inhaltlich sinnhafte Kapitel unterteilte Drehbuch, Klischees zu vermeiden, mit klugen Wendungen zu überraschen, jeder Figur – auch in den Nebenrollen – eine erkennbare und interessante Geschichte zu schenken. (…) Das Drehbuch ist eine bemerkenswerte Mischung aus Begabung und Hingabe, aus dramaturgischer Souveränität, Witz, Gewitztheit und Fleiß.“ Förderpreis Neues Deutsches Kino PRODUKTION (20.000 Euro): Martin Lischke für „Leif In Concert“ „Eine Kneipe als Mikrokosmos für eine ganze Gesellschaft ist keine Neuigkeit im Kino. Eine Kneipe als Mikrokosmos für eine lässig erzählte multikulturelle Gesellschaft jenseits demagogisch herbei geredeter Dystopien ist eine Erfrischung. Produzent Martin Lischke hat seinem Regisseur Christian Klandt die Möglichkeit gegeben, diese liebevolle und leidenschaftliche Verbeugung vor großer menschlicher Individualität und den kleinen Künsten mittels ungewöhnlicher Finanzierung und ebenso ungewöhnlicher Besetzung schnell, aber auch überzeugend und ausgesprochen unterhaltsam zu inszenieren. Alle Gewerke scheinen hier ihren angemessenen Platz zu haben. Die Kamera ist auffällig unauffällig, der Schnitt ist fantastisch, die Musik nicht nur wichtig, sondern hinreißend gut. Martin Lischke schaffte unter sicherlich nicht einfachen Bedingungen den Rahmen für einen waschechten Ensemblefilm – vor und hinter der Kamera.“ |