Global History, ein Forschungsbereich, der sich in den letzten beiden Jahrzehnten in der Geschichtswissenschaft etablierte, entwickelt sich im Dialog: die Wissenschaft in Bewegung, aktuell, interdisziplinär und mehr gesellschaftspolitisch und sozial orientiert als andere Fachbereiche. Das kann als Ergbnis der zweitägigen internationalen Workshops im neu gegründeten Munich Centre for Global History der Ludwig-Maximilians-Universität, München, unter der Leitung von Prof. Dr. Roland Wenzlhuemer, der GlobalhistorikerInnen aus der ganzen Welt nach München brachte, zusammenfassend gesagt werden. Veranstaltungsort: Historisches Kolleg, Kaulbachstr. 15. Was kann das neue Zentrum zu Gegenstand, Erkenntnisinteresse und Methoden globaler Geschichtsschreibung in der heutigen Zeit alles leisten? Als „Citizen of the world“, so Prof. Giorgio Riello von der Warwick Universität, haben wir einen ganz anderen Blick als noch vor einigen Jahrzehnten. Alle Entitäten existieren demnach nur in einem Beziehungsgeflecht mit anderen, was Menschen, ihren Sprachen und Waren und vor allem auch der Natur und all ihrer Wesen eine neue Sinnhaftigkeit verleiht. Beispielhaft kristallisieren sich Themen heraus, die uns heute besonders beschäftigen. Migration und die Konzentration auf Städte und insbesondere die Hafenstädte zeigen uns historische Prozesse, die aus verschiedenen Perspektiven interaktiv zu sehen und zu beurteilen sind. Wie sieht es mit der Beziehung zur Umwelt und zur Kunst, Kolonialismus und den Folgen aus? Welches Verhältnis von Macht und Wissen bestimmt die Kommunikation? Das bedeutet auch, den Menschen und Entwicklungen eine Stimme zu geben, die bisher keine Optionen hatten.
Was kann sich die Forschung leisten, welche diplomatischen Ebenen müssen sich treffen um zeitlosen Werten
neue Perspektiven zu eröffnen und wissenschaftliche Impulse zu setzen, die Geschichte transnational spannend zu gestalten? Und wer hat die finanziellen Mittel, die das Framing unter offenen Aspekten und unprätentiösen Blickwinkeln unbelastet gestaltet? Immer wieder war der Wunsch nach einem gemeinsamen Austausch und Neuanfang unter den Anwesenden zu vernehmen. Freilich bleiben solche Überlegungen im luftleeren Raum, wenn sich nicht ein konkretes Leuchtturm-Projekt anschließt. Wie die blaue Banane als Orientierungshilfe kann ein Thema aufgefächert werden, das im dichtbesiedelten Europa beginnt und die wirtschaftlichen Beziehungen und geologischen Strukturen analysiert. Was nicht innerhalb der Panels diskutiert wurde, aber als Kommentar hier angeführt werden soll: Anlässlich des Jubiläums der ersten europäischen Expedition nach Brasilen (1817-1820) bietet sich CFP von Martius und Co. als Pilotprojekt geradezu an, weil die Protagonisten und deren Werke und Leistungen neu zu entdecken und im Rahmen der Global History zu analysieren und zu systematisieren sind. Die Biodiversität wird hier eine Hauptrolle einnehmen.
Unter den Beteiligten solch eines internationalen Projektes könnte sich ein multimediales Forum entwickeln, das den anspruchsvollen Content wissenschaftlich erarbeitet und kontextual vernetzt.Textliche und visuelle Verknüpfungen lassen sich mehrsprachig dokumentieren und digital abrufen. Teams von Wissenschaftlern und Forschern arbeiten mit Interessenten an jeweiligen Bausteinen/ Modulen zusammen, sodaß sich – last not least – mit neuen Berufsfeldern Erkenntnisse entwickeln lassen, die auch humanitären Zielen zugute kommen werden.
Der Tatendrang aus der Runde der Referenten wie auch der TeilnehmerInnen des Workshops hat seine Wirkung nicht verfehlt. Prof. Dr. Sunil Amrith aus Harvard hielt eine umjubelte Keynote Speech, was dem Empfang im Anschluß eine Lebendigkeit und menschliche Nähe verlieh. So kann Direktor Prof. Dr. Roland Wenzlhuemer aus einer sprudelnden Quelle schöpfen, die von allen Anwesenden als besonders tiefgründig und zeitgemäß beurteilt worden ist. Ein Loblied auf den Start mit „Consolidating Global History: Perspectives and Challenges“ war von allen Seiten zu vernehmen.