Während Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) von vielen derzeit als Totalausfall betrachtet wird und Hoffnungen geschürt werden, Friedrich Merz könne ihn ablösen, setzen die Sozialdemokraten wenigstens kleine wirtschaftspolitische Akzente, die vernünftig sind.
Es ist nicht so schlimm, wenn man Fehler macht. Es ist schlimm, wenn man wider besseres Wissen und gegen jede Erfahrung stur auf einer einmal getroffenen Entscheidung beharrt. Insofern ist es richtig, dass das SPD-Wirtschaftsforum mehr Rechtssicherheit beim Einsatz freier Digitalisierungsexperten fordert. Ansonsten wandern diese nämlich ins Ausland ab. Und die Unternehmen würden ansonsten weiter an einer unklaren Rechtslage leiden.
Die Regulierung war ursprünglich ein „Herzensanliegen der SPD“ (Frank Specht), die so den Missbrauch von Werkverträgen eindämmen und Leiharbeit auf ihre Kernfunktionen zurückführen wollte. Deshalb trat ein entsprechendes Gesetz in Kraft. Mit ihrem inhaltlichen Schwenk reagiert das Wirtschaftsforum der Sozialdemokraten auf Kritik der Wirtschaft über Rechtsrisiken sehr gut bezahlter Freelancer. In Deutschland gibt es allein rund 120.000 IT-Freelancer.
Bisheriges Gesetz fördert die Abwanderung von IT-Experten ins Ausland
Schon heute sei erkennbar, dass IT- und Digitalisierungsexperten ins Ausland abwandern und ihr Spezialwissen dort anbieten, warnt der Vizepräsident des Wirtschaftsforums, Robert M. Maier. Aufgrund des unbestrittenen Fachkräftemangels in diesem Segment zögen Freelancer eine freie Tätigkeit meist selbst einer lukrativen Festanstellung vor, weil sie als Freelancer zurzeit deutlich höhere Tagessätze fordern könnten.
Das SPD-Positionspapier plädiert dafür, IT-Freelancer von der jetzt geltenden gesetzlichen Regelung auszunehmen, wenn sie ein hohes Einkommen und eine angemessene Altersvorsorge nachweisen könnten.
„Das Thema ist ja nicht neu. Schon vor fünf Jahren habe ich davor gewarnt, dass die geplanten Regelungen sich nur als ein Beschäftigungsprogramm für Juristen entpuppen könnten“, sagt der Personalexperte Michael Zondler vom Beratungsunternehmen CENTOMO in Stuttgart. „Damals hatte ich bereits vorgeschlagen, dass die Höhe des Verdienstes von Freiberuflern ein Richtwert sein könnte, ob sie unter die damals geplanten gesetzlichen Regulierungen fallen oder nicht. Auch der Ansatz, eine angemessene Altersversorgung zu berücksichtigen, ist nicht verkehrt.“
Die Branche hofft, dass die Vorschläge des SPD-Wirtschaftsforums nun Eingang in die Politik der Großen Koalition finden werden. Dadurch hat man zwar noch keinen einzigen zusätzlichen IT-Experten gewonnen. Aber wenn Deutschland im Wettbewerb mit den USA, China und anderen Staaten in Zukunft bestehen will, dann darf man die Situation für Unternehmen und Freiberufler nicht noch zusätzlich erschweren.
„Ich ergänze meine Aussage von damals. Das seit 2017 geltende Gesetz ist nicht nur ein Beschäftigungsprogramm für Juristen, sondern unterstützt die IT-Industrien in anderen Ländern. Es wirkt geradezu wie ein Auswanderungsprogramm für hochqualifizierte Spezialisten“, so Zondler.