So brutal geht das Mullah-Regime im Iran gegen Frauen vor

Terror

Wer sich für die Rechte von Frauen im Iran einsetzt verspürt die ganze Härte des Mullah-Regimes. Für ihr Engagement gegen den Zwangsschleier und für mehr Freiheit muss die Menschenrechtsaktivistin Nasrin Sotudeh einen hohen Preis zahlen. Zu über 30 Jahre Kerker und 148 Peitschenhieben hat sie ein Gericht nun verurteilt.

Rosa Luxemburg hatte einst geschrieben: „Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden“. Doch diese Maxime gilt im Iran nichts. Dort herrschen seit Jahren Angst und Repression. Gleichwohl sich das Land eine Republik nennt, regieren die Mullahs mit brachialer Gewalt, Engstirnigkeit und religiösem Fundamentalismus. Überwachen und Strafen gehören zum rigiden System der islamischen Republik, die nicht nur bei Lichte betrachtet alles andere als eine lupenreine Demokratie ist, sondern ein religiös-engstirniger Wächterstaat bleibt. Legislative und Exekutive obliegen den Glaubensfanatikern. Die Wächter agieren als luzide Mächte, die über Leben und Tod entscheiden – und sie sind es, die letztendlich die Gesetze nach ihrem Gusto prüfen und abwägen. Allein und radikal geschieht dies vor dem Hintergrund der religiös zementierten Prinzipien des Islams und die Scharia regiert repressiv, gnadenlos und mit harter Hand. Wer sich gegen diese auflehnt, bekommt die ganze Strenge und Macht der Sittenwärter zu spüren. So bleibt die Scharia – lange nach Ajatollah Ruhollah Chomeini – die absolut nicht hinterfragbare Instanz der Exekutive, willkürlich und bar jedweder Menschlichkeit das religiöse Gesetz politischer Instrumentalisierung.

Chomeinis Erben setzen die Blutspur fort

Chomeinis Erben setzen bis heute die Blutspur ihres politischen und religiösen Führers von einst ungebrochen fort. Und so bleiben Terror, Trauer und Tod die traurigen Alltagsphänomene in einem Land, in dem die Eskalation von Gewalt und Brutalität gefeiert, Kritiker hingerichtet, Frauen vergewaltigt oder mit Säure überschüttet werden. Das System lebt von Unruhe, Hass und Zerstörung und einem Antisemitismus, der sich die Vernichtung Israels auf die blutigen Fahnen des Glaubens geschrieben hat.

Methoden wie bei der Stasi

Wer es wagt zu rebellieren, dem droht die Sittenpolizei, die in altbewährter Stasimanier, den Staatslenkern als perfide Überwachungsmaschinerie dient und die geringsten Verstöße ahndet. Die Diskriminierung der Frau gehört im Iran zum Glaubenskanon. Dank Scharia sind Zwangsehen, Berufsverbote, sexuelle Übergriffe und Gewalt in der Ehe rechtlich legitim und fundiert. Die Frau hat im System einfach keinen Stellenwert, ihre Stimme zählt weder vor Gericht noch in der Ehe. Innerfamiliere Ehrenmorde gelten als straffrei oder sind durch eine „Blutgeldzahlung“ gesühnt. Selbst vor inszenierten Vergewaltigungen vor Hinrichtungen schreckt der Glaubensstaat nicht zurück, legalisiert diese geradezu, weil Jungfrauen nach islamischem Gesetz eben nicht hingerichtet werden dürfen. Das streng patriarchische System verstößt so in fast allen Rechtsbereichen gegen gültiges Völker- und Menschenrecht. Aber das stört die Mullahs nicht, die sonst Frieden und Freiheit im Glauben predigen – und die auch noch vom Deutschen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier dafür ein Glückwunschschreiben zu 40 Jahre islamischer Revolution entgegen nehmen durften.

33 Jahre Kerker und 148 Peitschenhiebe

Nun sorgt ein Urteil im Iran für Aufsehen. Die Menschenrechtlerin und Freiheitsaktivistin Nasrin Sotudeh wurde in Teheran zu 33 Jahren Kerker und 148 Peitschenhieben verurteilt. Verurteilt wurde sie schon oft, auch im Gefängnis saß die studierte Juristin und Sacharow-Preisträgerin bereits in den vergangenen Jahren immer wieder. Doch der neue Richterspruch setzt neue Maßstäbe im Umgang mit Systemkritikern.

Wider die Menschenrechte

Sotudeh ist das wohl prominenteste Gesicht des Protests und lässt sich schon seit Jahren nicht vom theokratischen System einschüchtern; schon 2009 nicht, als die minderjährige Straftäter in Todeszellen und festgenommene Oppositionelle verteidigte, die gegen die Wiederwahl des damaligen Präsident Mahmud Ahmadinedschad protestierten. Bereits damals hatte die heute 55-jährige Anwältin Haft und Hungerstreik hinter sich. „Aktivitäten gegen die nationale Sicherheit“ und „Propaganda gegen das Regime“ wurden ihr damals zur Anklage gereicht.

Doch Repressalien seitens der Mullahs, Berufs- sowie Ausreiseverbot, kennt die mutige und couragierte Sotudeh seit ihrer Jugend, weil sie sich unentwegt für die Rechte der Frauen stark machte und für die Gleichberechtigung unerschrocken kämpfte. Diesen Kampf setzt sie unbeirrt fort.

Nun ist die seit 2018 im berüchtigten Evin-Gefängnis in Teheran, das für Folterungen bekannt einsitzende Aktivistin nicht nur wegen staatsfeindlicher Propaganda und Beleidigung des Führers Ayatollah Ali Khamenei angeklagt, sondern wie in Diktaturen ohne Vorwarnung und in ihrer Abwesenheit üblich, auch wegen Spionage, was die Härte des Urteils nochmals dramatisch in die Höhe ausschlagen ließ. Im Fokus der Anlage stand außerdem, dass die renommierteste Menschenrechtsaktivistin des Irans zwei junge Frauen verteidigte, die gegen das vom Mullahregime verhängte Kopftuchzwang protestierten.

Nasrin Sotudeh wird Steinmeier nicht verstehen

Außenminister Heiko Maas hat sich unterdessen zum Urteil geäußert und betont: dass sich „die Bundesregierung seit ihrer Verhaftung für Nasrin Sotoudeh eingesetzt“ habe. „Sie hat lediglich ihr Recht auf Meinungsfreiheit ausgeübt. Diese drakonischen Strafen sind nicht nachvollziehbar. Wir werden uns auch in Zukunft für ihre Freilassung einsetzen.“

Doch Unbehagen bleibt. Angesichts derartiger Unmenschlichkeit des Mullah-Regimes irritieren die Glückwünsche zum 40. Jahrestag der „Islamischen Revolution“, die Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier der iranischen Führung „im Namen meiner Landsleute“ übermittelte. Für Frauen wie Nasrin Sotudeh kann das nur wie Spott und Hohn klingen – und das ausgerechnet aus einem demokratischen Land, das für Freiheit und Menschlichkeit steht, für Ideen und Ideale also, für die sie unter Einsatz ihres Lebens vehement eintritt.

Über Stefan Groß-Lobkowicz 2157 Artikel
Dr. Dr. Stefan Groß-Lobkowicz, Magister und DEA-Master (* 5. Februar 1972 in Jena) ist ein deutscher Philosoph, Journalist, Publizist und Herausgeber. Er war von 2017 bis 2022 Chefredakteur des Debattenmagazins The European. Davor war er stellvertretender Chefredakteur und bis 2022 Chefredakteur des Kulturmagazins „Die Gazette“. Davor arbeitete er als Chef vom Dienst für die WEIMER MEDIA GROUP. Groß studierte Philosophie, Theologie und Kunstgeschichte in Jena und München. Seit 1992 ist er Chefredakteur, Herausgeber und Publizist der von ihm mitbegründeten TABVLA RASA, Jenenser Zeitschrift für kritisches Denken. An der Friedrich-Schiller-Universität Jena arbeitete und dozierte er ab 1993 zunächst in Praktischer und ab 2002 in Antiker Philosophie. Dort promovierte er 2002 mit einer Arbeit zu Karl Christian Friedrich Krause (erschienen 2002 und 2007), in der Groß das Verhältnis von Metaphysik und Transzendentalphilosophie kritisch konstruiert. Eine zweite Promotion folgte an der "Universidad Pontificia Comillas" in Madrid. Groß ist Stiftungsrat und Pressesprecher der Joseph Ratzinger Papst Benedikt XVI.-Stiftung. Er ist Mitglied der Europäischen Bewegung Deutschland Bayerns, Geschäftsführer und Pressesprecher. Er war Pressesprecher des Zentrums für Arbeitnehmerfragen in Bayern (EZAB Bayern). Seit November 2021 ist er Mitglied der Päpstlichen Stiftung Centesimus Annus Pro Pontifice. Ein Teil seiner Aufsätze beschäftigt sich mit kunstästhetischen Reflexionen und einer epistemologischen Bezugnahme auf Wolfgang Cramers rationalistische Metaphysik. Von August 2005 bis September 2006 war er Ressortleiter für Cicero. Groß-Lobkowicz ist Autor mehrerer Bücher und schreibt u.a. für den "Focus", die "Tagespost".