LOUISE NEVELSON 5. April – 22. Juni 2019

“Every piece that I make becomes a very living thing to me, very living.“ Louise Nevelson End of the Day (1972)

Die Poesie der Collage
Louise Nevelson schuf wegweisende Kunst aus Unrat und Überresten
München, 27. März 2019

Die Freiheit der Kunst ist reziprok: Sie definiert das Werk, aber auch dessen Urheberin. Louise Nevelson war eine exaltierte Erscheinung, sie trug gerne wallende Kleider, großen Schmuck, falsche Wimpern und enorme Hüte und sie führte ein selbstbestimmtes, eigenständiges Leben, das sie ausschließlich Ihrer Kunst widmete. „Louise Nevelson hat erst ziemlich spät internationale Anerkennung für ihr wegweisendes Werk erhalten“, sagt Silke Thomas, „doch den Ruf der Kunst hat sie bereits in der Kindheit vernommen, und sie ist diesem bedingungslos gefolgt.“ Die Galerie Thomas Modern zeigt 29 Collagen der 1988 in New York verstorbenen Künstlerin.
 
„I’m a collagist“
Das Werk von Louise Nevelson folgt unterschiedlichen Linien, aber es kulminiert in der Collage, für die Sie heute noch berühmt ist. „I have come to recognize that the way I think is collage“, sagte die Künstlerin selbst. Als Grundstruktur dienen nach vorne offene Holzkästen, die sie zu architektonischen Environments zusammensetzte. Sie sind mit Fundstücken aller Art gefüllt – Stuhllehnen, Bettpfosten, Türklinken, Zivilisationsmüll, den die Künstlerin auf unermüdlichen Streifzügen durch New York gesammelt, in ihrem Haus gelagert und im Atelier zu Kompositionen ausgelegt hat. „Im neuen Zusammenhang des Kunstwerks“, so Silke Thomas, „entstanden im Spannungsfeld von Zufall und künstlerischer Kontrolle, entfalten die Überbleibsel der Kulturgesellschaft eine neue, eigene Poesie.“
Louise Nevelson
Untitled (1980)
Kunst als Lebensaufgabe
Louise Nevelson, eine der führenden Bildhauerinnen des zwanzigsten Jahrhunderts, war eine Wegbereiterin für standortbezogene Kunst und Installationen. Schon als Jugendliche war sie von Kunst fasziniert,  ihr Vater ermöglichte ihr eine für die damalige Zeit fundierte Ausbildung. „My life had a blueprint from the beginning (…) What I am saying is that I did not become anything, I was an artist”.
1931 ging sie nach München, um Schülerin bei Hans Hofmann zu werden, einem der späteren Begründer der New York School. In Peggy Guggenheims wegweisender Ausstellung „Exhibition by 31 Women“, 1943, war sie neben Frida Kahlo und Dorothea Tanning vertreten. Nevelson erfährt Anerkennung für Ihre Skulpturen aus alten Möbelstücken und anderen Holzelementen. Diese setzte sie in ineinander geschachtelte, kastenartige Strukturen, die sie dann einfarbig schwarz, weiß oder goldfarben bemalte. Mit ihren Kompositionen erforschte Nevelson die relationalen Möglichkeiten der Skulptur und übertrug die Versachlichung der Außenwelt in eine persönliche Landschaft.
Mit der Teilnahme an der Biennale in Venedig 1962 und der documenta in Kassel sowohl 1964 als auch 1968 gelang der „Grande Dame of Contemporary Sculpture“ der internationale Durchbruch. Das Whitney Museum, New York, widmete ihr zum 80. Geburtstag eine Retrospektive und heute ist ihr Werk in über 90 öffentlichen Sammlungen weltweit vertreten.