Am 12. Dezember 1989 titelte die „Leipziger Volkszeitung“ über die „Montagsdemonstration“ vom Vorabend „Andersdenkende waren hautnah beieinander“ und schrieb weiter „… Auch wenn die Redner teilweise durch Pfiffe und Buh-Rufe unterbrochen wurden, war die Bereitschaft zum Zuhören deutlich. …“
Als einer der damaligen Redner kann ich das nur bestätigen. Dreißig Jahre später liest sich das wie aus einer fernen Welt.
Demonstrierten 1989/90 Montag für Montag für Freiheit und Einheit Hunderttausende entgegen des Uhrzeigersinns um den Leipziger Innenstadtring und liefen gleichzeitig mehrere hundert vorwiegend junge Leute im Uhrzeigersinn völlig gefahrlos dem Wunsch der tausendfachen Übermacht entgegen, so ist das heute alles nicht mehr möglich. Die 1989 gewonnene Demonstrations- und Redefreiheit zerinnt in täglichen Exzessen.
Seit längerem schwant mir, wären es damals umgekehrte Demonstrationszahlen gewesen, die in dem Fall an Zahl viel kleineren Freiheits- und Einheitsbefürworter hätten ihren Marsch gegen den Anti-Freiheits- und Einheitswunsch der dann tausendfachen Überzahl nicht ohne größte Gefahr für Leib und Leben überlebt. Zum Glück waren wir Tausende Male mehr als viele der damaligen Gegenläufer.
Noch etwas anderes war 1989/90 ff. undenkbar. Die SED als Partei der Diktatur war Hauptgegner, deren Demonstrationen und Aktivitäten wurden jedoch nicht behindert oder gar unmöglich gemacht. Niemand aus der riesigen Mehrheit wäre der undemokratischen Idee verfallen, SED-Demonstrationen zu behindern oder SED-Mitglieder zu verprügeln.
Was sich beispielsweise das „Aktionsnetzwerk Leipzig nimmt Platz“ seit Jahren anmaßt und was vor allem durch eine fahrlässig handelnde Politik gefühlt unterstützt wird, nämlich das Behindern von Demonstrationen von tatsächlichen oder vermeintlichen Gegnern der Freiheitlich demokratischen Grundordnung (FDO), das wäre vor dreißig öffentlich nicht goutiert worden. Damals galt, was auch heute noch gelten sollte: Das Behindern von (genehmigten!) Demonstrationen ist eine erste Stufe der Eskalation, ist faktisch Lynchjustiz.
Friedliche Gegendemonstrationen ohne Behinderung anderer Demonstrationen gehören dagegen selbstverständlich zum demokratischen Instrumentarium und müssen ebenfalls immer möglich sein. Das gehört zur Diskursfähigkeit in einer Gesellschaft.
Für das Grundrecht auf Meinungs- und Demonstrationsfreiheit gingen Millionen Ostdeutsche auf die Straße. Niemand hat das Recht, dieses Grundrecht willkürlich einzuschränken!
Hier ist der demokratische Rechtsstaat, sind die demokratischen Parteien der Bundesrepublik gefordert, Farbe zu bekennen! Wer anderen dieses Grundrecht vorenthält, der wird es infolge selbst irgendwann verlieren. Weil er/sie das Fundament von Freiheit und Demokratie zerstört.
Hier müsste auch Andrea Nahles für die SPD Flagge zeigen!
Im September 2018 forderte ihre offizielle Mitarbeiterin Angela Marquardt mit „Im Kampf gegen rechts braucht die SPD auch die Antifa“ die Kooperation mit der Antifa, also mit Linksextremisten.
Andrea Nahles fiel der Antifa-Freundin Marquardt (erwartungsgemäß?) leider keineswegs in die Arme, rettete nicht das Ansehen der SPD. Spätestens seit dem ist klar: Die Nahles-SPD scheint bereit, sich mit Feinden der Freiheit zu verbünden. Ist noch tieferes Sinken möglich?
Am 7. Januar 2019 fiel der AfD-Abgeordnete Frank Magnitz einem brutalen Überfall zum Opfer, der zum Tode des Mannes hätte führen können. „RP-online“ schreibt dazu am 08.01.2019 „..Wenn es nicht endlich gelingt, dieser sich aufheizenden Stimmung Einhalt zu gebieten, könnten uns Szenen auf den Straßen drohen, die sich auch in der Weimarer Republik abspielten. Gegen politischen gewaltbereiten Extremismus – von links wie von rechts – muss sich die Demokratie wehrhaft zeigen. Das war die wichtigste Lehre aus dem Scheitern der Weimarer Republik. Wehret den Anfängen – lautet der Lehrsatz. Die Anfänge aber sind längst schon zu besichtigen. …“
Sollten die Vermutungen zutreffen, dass der AfD-Mann einem politisch motivierten Anschlag zum Opfer fiel, dann ist auch Andrea Nahles gefordert! Ihre Mitarbeiterin Angela Marquardt machte mit der „Antifa“ den Linksextremismus im „Vorwärts“ endgültig für die SPD salonfähig. Deshalb muss sich Andrea Nahles für die SPD sofort von jeglichem Extremismus distanzieren, sowohl vom rechten als auch vom linken! Und sie muss Angela Marquardts Ansinnen einer Zusammenarbeit mit der „Antifa“ öffentlich entgegentreten!
Es genügt nicht, dass sich mit Katarina Barley, Heiko Maas und Johannes Kahrs sofort Sozialdemokraten gegen politisch motivierte Gewalt äußerten. Die SPD-Vorsitzende ließ den Eindruck SPD-sakrosankten Wirkens der „Antifa“ entstehen. Es ist an der SPD-Vorsitzenden, das öffentlich und glaubhaft zu korrigieren! Damit niemand sagen kann, die Opfer linker Gewalt seien auch die Opfer von Andrea Nahles und damit der SPD!
Wenn sich Andrea Nahles nicht besinnt, macht sie genau das kaputt, was Willy Brandt mit dem „Radikalenerlass“ und Helmut Schmidt mit seinem Standhalten gegen den Terror der RAF an Vertrauen in die deutsche Sozialdemokratie schufen.