Sammlung Schack | Erzählen in Bildern. Edward von Steinle und Leopold Bode

Leopold Bode (1831–1906), Pippin und Bertha (Die Sage von der Geburt und Kindheit Kaiser Karls des Großen), 1876 Öl auf Leinwand, 112,1 x 165 (Mittelbild), 111,6 x 54,5 cm (linkes Seitenbild), 111,5 x 54,1 cm (rechtes Seitenbild); Rahmen rekonstruiert 2018 nach einer Fotografie von 1909, Eichenholz, geschnitzt und vergoldet, 171 × 345 cm © Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Sammlung Schack, München Foto: Bayerische Staatsgemäldesammlungen

ERÖFFNUNG | 21. NOVEMBER 2018, 18.30

AUSSTELLUNGSDAUER | 22. NOVEMBER 2018 – 10. MÄRZ 2019

Zu den Künstlern, die der Sammler Adolf Friedrich von Schack besonders schätzte, gehörten Edward von Steinle (1810–1886) und Leopold Bode (1831–1906). Steinle zählte zu den führenden nazarenischen Malern der zweiten Generation, nach Peter Cornelius und Friedrich Overbeck, deren Freund und Schüler er war. Der gebürtige Wiener lebte ab 1839 in Frankfurt am Main, wo er ab 1850 Professor für Historienmalerei am Städelschen Kunstinstitut und einer der meistbeschäftigten Maler religiöser Bilder in Deutschland war. Der in Offenbach am Main geborene Bode war Schüler und zeitweiliger Mitarbeiter Steinles bei Großprojekten wie den Fresken im ersten Wallraf-Richartz-Museum und im Kölner Dom. Dass Schack, ein liberaler, dezidiert nicht-religiöser Zeitgenosse, sich für diese Künstler interessierte, hat mit Werken jenseits der offiziellen Monumentalmalerei zu tun, die schon damals nur wenigen bekannt waren: den reizvollen Gemälden mit Motiven aus Sagen und Märchen des Mittelalters und der Romantik. Mit Bildern aus diesem Themenbereich haben Steinle wie auch Bode einige ihrer schönsten Werke geschaffen.

Literatur und Malerei

Für den Sammler Schack, selbst Dichter und Übersetzer, war Literatur ein Lebenselixier, und auch die Malerei galt ihm nur als Kunst, wenn sie „von poetischem Geist durchdrungen“ war. Wenn in der Sammlung Schack nun eine Ausstellung zum Thema erzählender Malerei des 19. Jahrhunderts gezeigt wird, dann geschieht das an einem Ort, der wie kaum ein anderer für die enge Verbindung der beiden Künste in der Epoche der Romantik steht. Für die Ausstellung – die erste zu diesen beiden Künstlern überhaupt – ist es gelungen, rund 30 Bilder und Bilderzyklen zusammenzutragen. Sie ermöglichen den Blick auf eine Bilderwelt, die seit Jahrzehnten untergegangen schien und vergessen war. Entstanden ist eine Ausstellung, die den Betrachter dazu einlädt, in diese Bilderwelten einzutauchen, die Bilderzählungen zu lesen, aber auch die Maler als Dichter zu entdecken. Eine außergewöhnliche Ausstellung an einem außergewöhnlichen Ort.

Shakespeare, Brentano und die Brüder Grimm in Bilderzyklen

Durch Edward von Steinles freundschaftliche Beziehung zu dem Dichter Clemens Brentano fanden literarische Stoffe Eingang in sein Werk. Brentanos Märchen und Erzählungen, später auch die Komödien William Shakespeares, die Märchen der Brüder Grimm und Wolfram von Eschenbachs Epos „Parzival“ gaben die Anregung zu Bildern und Bilderzyklen, die zu den bemerkenswertesten Kompositionen der deutschen Malerei auf dem Gebiet des erzählenden Bildes gehören. In feinsinnigen, detailreichen Arrangements versucht Steinle, die Essenz der literarischen Vorlagen aufzuspüren, ohne in eine reine Illustrationskunst abzugleiten. Die Aquarelle und Ölgemälde sind Bildschöpfungen eigenen Ranges und Charakters, der Maler wird selbst zum Dichter und Exegeten der Werke. Leopold Bode hat sich ab den 1870er-Jahren ganz auf das Märchen- und Sagenbild spezialisiert. In Bilderzyklen und Mehrfeldbildern hat er Stoffe aus Shakespeares Komödien, den Sagen um Kaiser Karl den Großen und mittelalterlichen Epen dargestellt. In seinen Werken entwickelt Bode einen spezifischen Märchenton, der das Zauberische in den Stoffen Shakespeares oder das Sagenhafte der mittelalterlichen Epen erfasst.

Repräsentative Sammlerstücke

Steinle und Bode haben ihre subtil ausgeführten Aquarelle und Ölgemälde in prachtvolle, von Architekten entworfene Goldrahmen montiert und damit repräsentative Schaustücke geschaffen, die von Adel und wohlhabendem Bürgertum erworben wurden. Bis heute befinden sich viele dieser Werke in Privatbesitz, nur wenige gelangten in öffentliche Sammlungen.

Zahlreiche wieder- und neu entdeckte Werke

Beide Künstler sind heute nahezu vergessen und werden in dieser Ausstellung wieder entdeckt, und es werden zahlreiche Werke gezeigt, die noch nie oder zumindest seit mehr als einem Jahrhundert nicht mehr öffentlich ausgestellt waren. Zu den schönsten Wiederentdeckungen gehört der große Aquarellzyklus nach den Erzählungen von Clemens Brentano, den Steinle 1854 für den Neffen des Dichters, Carl von Guaita gemalt hat – eines der Hauptwerke des Künstlers. In der Ausstellung sind erstmals drei der ehemals sechs Kartons wieder vereint.

Rekonstruktion des Rahmens eines Hauptwerkes

Nicht nur die Œuvres der beiden Künstler wurden erforscht, auch an den Werken selbst wurden nachhaltige Verbesserungen vorgenommen. Das Hauptwerk Bodes in der Sammlung Schack ist das Triptychon „Pippin und Bertha“, das von der Herkunft und Kindheitsgeschichte Kaiser Karls des Großen erzählt. Schack hat es 1876 vom Künstler erworben und dafür einen prachtvollen, aus Eichenholz geschnitzten Rahmen anfertigen lassen, der im Zweiten Weltkrieg verloren ging. Eine Aufnahme aus dem Jahr 1909 zeigt diesen originalen Rahmen, und eine Fundstelle in den Tagebüchern Bodes, die Material und Ausführung genau beschreibt, ermöglichte es nun, diesen Rahmen zu rekonstruieren. Der rekonstruierte Rahmen wird in der Ausstellung erstmals präsentiert.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog mit Beiträgen von Andrea Gottdang, Joachim Kaak, Hubertus Kohle, Herbert W. Rott, Carola Sauter, Ulf Sölter und Agnes Thum im Prestel Verlag, 216 Seiten mit 212 Abbildungen.

Die Ausstellung entstand in Zusammenarbeit mit dem Clemens Sels Museum Neuss. In Neuss wird sie, um ein Kapitel zu den Werken Steinles und Bodes im Rheinland erweitert, vom 7. April bis 30. Juni 2019 zu sehen sein.