Milliardenlöcher in der europäischen Leistungsbilanz

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Der Leiter des ifo Zentrums für Außenwirtschaft, Gabriel Felbermayr, hat die Europäer aufgefordert, ihre Statistiken zur Leistungsbilanz mit den USA in Ordnung zu bringen. „Die Statistiken der USA zu ihrer Leistungsbilanz mit der EU weichen erheblich von europäischen Spiegeldaten ab“, erklärt er auf Basis eines Aufsatzes für das Forschungsnetz EconPol Europe. „Die Unterschiede reichen soweit, dass die USA einen Leistungsbilanz-Überschuss von 14 Milliarden Dollar (ungefähr 11,6 Milliarden Euro) für das Jahr 2017 ausweisen, während die EU ihrerseits für das Jahr 2017 von einem europäischen Überschuss von 170 Milliarden Euro spricht. Da kann etwas nicht stimmen, und zwar wahrscheinlich leider auf europäischer Seite.“

Felbermayr schloss: „In Summe ergibt die Analyse: Die EU hat sehr gute Karten bei Verhandlungen mit den USA, denn ein ganzheitlicher Blick auf den transatlantischen Handel zeugt wahrlich nicht von ‚unfair trade practices‘. Die EU kann und soll daher selbstbewusst auftreten. Dazu gehört auch, die amerikanischen Überschüsse im Dienstleistungshandel ins Visier etwaiger – aber hoffentlich nie notwendiger — Vergeltungsmaßnahmen zu nehmen.“

Die europäischen Daten seien „widersprüchlich und unvollständig“, fügt Felbermayr an. „Auch auf Nachfrage ist das Amt Eurostat nicht in der Lage zu erklären, woher es seine Zahlungsbilanzdaten mit den USA bezogen haben will, noch will es Details für die 28 EU-Mitgliedstaaten veröffentlichen. Die Europäische Zentralbank (EZB) wiederum, eigentlich zuständig für diese Datenerhebung, kann keine bilaterale Leistungsbilanz mit den USA ausweisen, weil ein Unterkonto fehlt, für das die Datenerhebung zu kompliziert sei. Dieses Konto hat es allerdings in sich: Im Gegenkonto der Amerikaner werden 83 Milliarden Dollar verbucht unter dem Titel ‚Einkünfte aus Portfolio-Investitionen‘. Wie kommt Eurostat also zu einem Ergebnis, für das der zuständigen EZB die Daten fehlen? Und wem nützt das Verschleiern jener 83 Milliarden Dollar, die entscheidend dafür sind, ob die USA nun einen Überschuss oder ein Defizit gegenüber der EU erwirtschaften?“

„Die USA erwirtschafteten ihre Investitionsgewinne in nur sehr wenigen EU-Mitgliedstaaten“, sagt Mitautor Martin Braml. Dies habe meist steuerliche Gründe. „Dabei stechen besonders Irland und die Niederlande heraus. Mit den Niederlanden erwirtschaften die USA ganze 63 Prozent ihres gesamten Primäreinkommensüberschusses von 106 Milliarden Dollar.“

Felbermayr ergänzt: „Die Bundesbank ist auf Nachfrage übrigens in der Lage, alle bilateralen Zahlungsbilanzpositionen der Bundesrepublik Deutschland mit den USA auszuweisen. Ihre Daten stimmten in der Tendenz auch mit den amerikanischen überein. Solange die EU nicht in der Lage sei, konsistente Daten über die Wirtschaftsbeziehungen mit den USA bereitzustellen, könnten Handlungsempfehlungen nur unzureichend gegeben werden.

Es gebe gute Gründe, den US-Daten Vertrauen zu schenken. In den USA existiere ein einheitlicher statistischer Erhebungsrahmen, während die Daten in der EU aus 28, teils unvollständigen, Quellen zusammengerechnet werden müssten. Auch hätten die USA im gegenwärtigen Handelskonflikt mit der EU eigentlich kein Interesse am Ausweis eines ausgeglichenen Leistungsbilanzsaldos, während die EU eine Tradition der Betonung der Vorzüglichkeit von Überschüssen hat.

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