Voyage à la Forster – Frank Vorpahl Der Welterkunder. Auf der Suche nach Georg Forster

Fernrohr, Foto: Stefan Groß

 „Alles zu prüfen und das Schönste zu behalten, ist das heilige Vorrecht der Vernunft.“ Dieser Satz stammt aus der Vorrede zur deutschen Übersetzung »Die Rechte des Menschen« von Thomas Paine, einem der Gründerväter der Vereinigten Staaten. Die Übertragung des Werkes ins Deutsche erfolgte von Georg Forster. Als Siebzehnjähriger schiffte er gemeinsam mit seinem Vater bei Kapitän Cook ein und nahm an dessen zweiter, dreijähriger Weltumseglung (1772-1775) – auf einer Nussschale mit einer Fläche von 34 mal 10 Metern! – teil. Seine Beiträge zur vergleichenden Länder- und Völkerkunde der Südsee, seine botanischen Neuentdeckungen und Dokumentationen sind bedeutend und seine illustrierte »Reise um die Welt« begeisterte mich schon vor einigen Jahren.

Nun hat Frank Vorpahl, der schon letzteres Werk gemeinsam mit Klaus Harpprecht herausgab und sich wohl gut und gern als „Forsterianer“ bezeichnen kann, seine Spurensuche dokumentiert. Denn der deutsche Naturforscher, Ethnologe, Reiseschriftsteller und Revolutionär in der Zeit der Aufklärung fasziniert ihn schon über zwanzig Jahre. Seine Begeisterung und ja, auch Bewunderung dieser Persönlichkeit kann man in jeder Zeile spüren. In diesem Buch zeichnet er ein eindrucksvolles Bild von dem Mann, „für den die Neugier auf den Anderen, die Offenheit und der Respekt für das Fremde – den Fremden – die wichtigste Grundfeste seines Lebens bildete. Ein zutiefst humanistischer Geist, der es ihm ermöglichte, in der Natur des Menschen das Universelle zu sehen. Zu einer Zeit, in der Debatten über die Unterschiede zwischen Rassen selbst unter Männern der Aufklärung zur Mode wurden.“ Damit war der leider schon mit knapp vierzig Jahren gestorbene Deutsche, der auch mit den Brüdern Humboldt oder Goethe Umgang pflegte, seiner Zeit weit voraus.

Auf über 500 eng bedruckten Seiten begleitet der Leser Frank Vorpahl 250 Jahre später auf Forsters Spuren, die ihn nicht nur an idyllische Südseearchipele führen. Vorpahl untersucht das unglaublich dichte und auch dramatisch-turbulente Leben seines „Seelenverwandten“ an Schauplätzen in Europa und rund um den Globus: beginnend in Mainz, über Paris, die Schweiz, Teneriffa, das englische Plymouth, Südafrika, Tahiti, den Osterinseln, der Südinsel Neuseelands oder aber auf Tanna in Melanesien und einigen mehr. „Was ist aus den Inseln geworden, die Georg Forster – oft als Erster – vor 250 Jahren durchstreift hat? Aus ihrer Landschaft, der Küste, dem Meer? Aus Pflanzen und Tieren, die er beschrieben und gezeichnet hat? Aus den Menschen, die er dort antraf, ihrer Lebensart, ihrer Kultur? (…) Bringen wir den Menschen der Südsee Glück? Oder wären sie besser nie entdeckt worden?“

„Die Lust, die Schauplätze von Georg Forsters »Reise um die Welt« mit eigenen Augen zu sehen“ atmet aus jeder Zeile Frank Vorpahls. In einem lockeren und angenehm zu lesenden Schreibstil, der dennoch von großer Akribie und ebensolchem Kenntnisreichtum zeugt, gelingt es ihm, den Leser sofort in den Bann zu ziehen und ihn kaum loszulassen. Vielfältige Fotografien, Illustrationen und Abbildungen lockern den eng beschriebenen Text zusätzlich auf. Vielleicht ist es gerade der eingangs zitierte Satz Georg Forsters, der auch den Text Frank Vorpahls auszeichnet. Denn trotz seiner Opulenz, ist das Buch nicht überfrachtet und ermüdend. Er pickt sich vielmehr Sequenzen heraus, um sie dann auf seine ganz eigene Weise zu erkunden und zu hinterfragen. Und: Er schaut auch hinter die Zeilen Forsters und versucht sich ein Bild des Menschen zu machen, der Forster im Inneren war.

Dieses Buch, dieses Herantasten an die Geschichte Forsters, erweist sich als Lesegenuss und Lesebereicherung zugleich. Auch wenn sich Forsters überpralles Leben nur in groben Umrissen reinszenieren lässt, so ist es Frank Vorpahl auf beeindruckende Art und Weise gelungen, den heutzutage kaum bekannten Deutschen einen gebührenden Platz einzuräumen.

 

Frank Vorpahl

Der Welterkunder. Auf der Suche nach Georg Forster

Galiani, Berlin (12. April 2018)
542 Seiten, Gebunden
ISBN-10: 3869711493
ISBN-13: 978-3869711492

Preis: 32,00 EURO

 

 

Über Heike Geilen 597 Artikel
Heike Geilen, geboren 1963, studierte Bauingenieurswesen an der Technischen Universität Cottbus. Sie arbeitet als freie Autorin und Rezensentin für verschiedene Literaturportale. Von ihr ist eine Vielzahl von Rezensionen zu unterschiedlichsten Themen im Internet zu finden.