Glanz und Elend in der Weimarer Republik

Goethe- und Schiller-Denkmal in Weimar, Foto: Stefan Groß

Diese Publikation erscheint anlässlich der Ausstellung Glanz und Elend in der Weimarer Republik in der Schirn Kunsthalle in Frankfurt/Main zwischen dem 27.10.2017 und dem 25.2.2018. In thematischen Räumen werden ca. 200 Werke von 62 Künstlern präsentiert. Dies sind bildliche Auseinandersetzungen mit der Realität in der Weimarer Republik, dem Glanz und dem Elend und die politischen Richtungskämpfe, die auch von den Künstlern kritisch kommentiert werden.

Die Präsentation verfolgt den Ansatz, bei dem es um den Inhalt der dargestellten Themen geht und nicht um einen gemeinsamen Stil: „Mit der Betonung einiger eher ‚düsterer‘ Aspekte der Zeit und dem bewusst soziologischen Ansatz setzt die Ausstellung ein Gegengewicht zur gängigen Vorstellung der glamourösen ‚goldenen‘ 1920er Jahre, wie sie bereits vielfach präsentiert wurden.“ (S. 9)

Die Ausstellung konzentriert sich auf Themen der sozialen und politischen Spannungen und verzichtet eher auf Landschaftsmotive und Stillleben. Eine zugespitzte Betrachtungsweise ist dabei bewusst gewählt worden: „Die zahlreichen und sehr unterschiedlichen, oft aber inhaltlich miteinander verzahnten Themenbereiche lassen ein vielgestaltetes und zersplitterten Zeitpanoramas entstehen.“ (S. 32)

Unter den Künstlern sind so bekannte Namen wie Christian Schad, Anton Räderscheidt, Alice Lex-Nerlinger aber auch Georg Grosz oder Otto Dix.

George Grosz gilt als eine Art Chronist der Weimarer Republik. Er zeichnete er die Anfänge des Nationalsozialismus auf und er verstand es, der Gesellschaft der gar nicht so „Goldenen Zwanziger“ den Spiegel vorzuhalten, sie zu demaskieren und ihre Mechanismen offenzulegen. Grosz machte die Wirklichkeit einer instabilen, gefährdeten, von den meisten Menschen nicht gewollten Republik sichtbar, griff soziale Gegensätze auf und kritisierte insbesondere das Großkapital, Politik, Militär und Klerus.

1919/20 schuf Otto Dix Dada-Gemälde mit Collage-Elementen, bewegliche Bilder und Dada-Puppen; 1920 nahm er an der Ersten Internationalen Dada-Messe teil. In den folgenden Jahren entstand sein Hauptwerk Der Schützengraben, das bedeutendste Kriegs- bzw. Anti-Kriegsbild seiner Zeit. Für das Wallraf-Richartz-Museum kaufte Hans Friedrich Secker 1923 den Schützengraben an, der zur Sensation der neueröffneten Neuen Galerie wurde. Heftige Diskussionen über dessen politische Tendenz beherrschten nun die Feuilletons. 1924 – anlässlich des Antikriegsjahres – wurde das Gemälde in der Preußischen Akademie der Künste ausgestellt. Aus gleichem Anlass gab der Kunsthändler Carl Nierendorf Dix’ Graphikmappe Der Krieg mit fünfzig Radierungen heraus. 1925 zog Dix nach Berlin; in diesem Jahr nahm er auch an der Wanderausstellung Neue Sachlichkeit teil, die den neuen realistischen Tendenzen in der Malerei ihren Titel gab. Sein Werk sollte die Kunstrichtung entscheidend prägen.

Zu Beginn werden in Zeittafeln die wichtigsten politischen und gesellschaftlichen Ereignisse der Weimarer Republik skizziert. In einem grundlegenden Essay führt Ingrid Pfeiffer in die bildnerische Gestaltung von Glanz und Elend in der Weimarer Republik ein. Danach setzt sich Olaf Peters mit der Neuen Sachlichkeit in den Werken von Otto Dix und George Grosz auseinander. Danach geht es in weiteren Essays um die Sonnenseiten der Weimarer Republik, das neue Frauenbild und den Sozialwissenschaftler Magnus Hirschfeld, der sich gegen die Kriminalisierung Homosexueller einsetzte. Anschließend geht es um die Symbiose zwischen Kunst und Literatur in der Weimarer Republik, Künstlerinnen und ihre Arbeit für Zeitschriften und die Errungenschaften der letztlich gescheiterten Weimarer Republik auf verschiedenen Gebieten. Zum Schluss findet man eine Kurzbiographie der ausgestellten Künstler, eine (zu) kurze Literaturübersicht und das Verzeichnis der ausgestellten Werke. Zwischen diesen Essays finden sich die Bilder der Ausstellung, somit wird ein Zusammenhang zwischen wissenschaftlichen Hintergrundinformationen und den jeweiligen Werken geschaffen.

 

Die Ereignisse in der Weimarer Republik haben auch Bezüge zu der heutigen Situation, daher sind viele Bilder auch als Mahnung vor Gewalt, Neonazis und Krieg zu verstehen. Die Bilder der Künstler, die sich früher in die gesellschaftlichen und sozialen Kämpfe eingemischt haben, sind daher ebenso Wegweiser in der heutigen politischen Situation, obwohl natürlich nicht die aktuelle Situation mit der in der Weimarer Republik nur in Ansätzen zu vergleichen ist. Es handelt sich bei den meisten Bildern um politische und soziale Kunst als schonungslose Abbildung der Wirklichkeit. Die Anordnung nach Themenbereichen ist sinnvoll, wobei die gesamte Gestaltung des Bandes sehr gut aufeinander abgestimmt ist und profund mit den Essays unterlegt wird. Das Buch macht Lust auf die Ausstellung, die auch einen aktuellen Charakter besitzt.

Pfeiffer, I. (Hrsg.): Glanz und Elend in der Weimarer Republik, Hirmer Verlag, München 2017, ISBN: 978-3-7774-2933-8

Über Michael Lausberg 572 Artikel
Dr. phil. Michael Lausberg, studierte Philosophie, Mittlere und Neuere Geschichte an den Universitäten Köln, Aachen und Amsterdam. Derzeit promoviert er sich mit dem Thema „Rechtsextremismus in Nordrhein-Westfalen 1946-1971“. Er schrieb u. a. Monographien zu Kurt Hahn, zu den Hugenotten, zu Bakunin und zu Kant. Zuletzt erschien „DDR 1946-1961“ im tecum-Verlag.

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