Dies voraus: Der Name des Berichterstatters ist rein zufällig derselbe wie der des Namengebers eines der schönsten Plätze und eines der beliebtesten (Staats-)Theater Bayerns: Friedrich von Gärtner (1792 – 1847). Sein ehernes Standbild ließ Bayernkönig Ludwig I. dort aufstellen, wo 1865 ein Musentempel für das spielnärrische Volk errichtet wurde, das Gärtnerplatz. So wird liebevoll das hier stehende Theater von den Münchnern gerufen. Die kleine Sanierung 1969 reichte bei weitem nicht aus, um dem Haus eine Überlebenschance für die Zukunft zu geben. So wurde, nicht ganz rechtzeitig, auf eine große Instandsetzung gedrungen, um 2015 das 150. Bestehen des Musentempels zu feiern – aber es mussten zwei Jahre (und 50 Millionen Euro) hinzugegeben werden, bis es soweit war, „das Gärtnerplatz“ im neuen Glanz erstrahlen zu lassen. Aus veranschlagten 70 wurden gut 120 Millionen, die man reinsteckte. Dafür aber wurde mehr als genug runderneuert: vom einzigartigen Orchester- bis zu zwei zusätzlichen Probensälen, vom aufgefrischten rot-goldenen Zuschauerraum bis zum überholten Foyer-Fresko, von der akustisch sensationellen Umgestaltung des Orchestergrabens bis zu schickem Kantinen-Mobiliar.
Das meiste architektonisch Neue, auf das im Detail Staatsintendant Josef E. Köpplinger, sichtlich gestresst nach gut fünf Jahren Tingeln seiner Künstler in ganz München, bei seiner Begrüßungsrede zur Doppel-Gala mitten im Goldenen Oktober 2017 gar nicht einging, blieb den Augen der Gäste – von seiner Kgl. Hoheit Herzog Franz von Bayern bis zu zwei noch lebenden Ex-Intendanten und natürlich viel Theatervolk – verborgen. So sollte es sein: Am Tag der Offenen Tür eine Woche vor der Wiedereröffnung konnte sich ganz München von all den herrlichen, praktischen und verdammt modern und kunstgerecht gestalteten Novitäten überzeugen und bis in die letzten Winkel der Theaterwerker, Chorgarderoben und Kantinenecken gucken: Alles picobello. Fast alles perfekt.
Schon immer habe dieses Theater, dieser „Ort der gelebten Utopie … alle Menschen verbinden wollen“, sagte Köpplinger, bevor es zu einem Feuerwerk der Sänger, Musiker und Tänzer kam, die mit 22 brillanten Auftritten der variabelsten Formationen Kracher von Fast-Zeitgenossen wie Stephen Sondheim, John Williams, Jerry Bock, Kurt Weill, Rafael Hernández Marin, Richard M. Sherman, Irving Berlin und Henry Mancini auf Schmankerl von Mozart, Rossini, Donizetti, Verdi, Bizet, Lehár, Kálmán, Johann Strauß und Carl Orff folgen ließen. Supertalente (Klassik-Koloraturstar Jennifer O`Laughlin, Musical-Diva Dagmar Hellberg oder der Prunk-Spielbass Levente Páll) kamen, abwechselnd unter den Dirigenten Anthony Bramall, Michael Brandstätter und Andreas Kowalewitz, ebenso zur Geltung wie die frische, leider nur für einen 5-Minüter bemühte, dafür heftig applaudierte Ballett-Compagnie und natürlich, neben dem Staatstheater- samt Kinderchor, das emotional aufgedrehte Ensemble. Da gab es Berührendes (die „Anatevka“-Szene mit den Alt-Gedienten Gisela Ehrensperger und Franz Wyzner), Erstaunlich-Wagemutiges (den „Kanonensong“ aus der „Dreigroschenoper“ versus „O Fortuna“ aus den „Carmina Burana“) und viel Vorgeschmack auf Kommendes. Platzhalter: das Duett „Lippen schweigen“, das Camille Schnoor und Daniel Prohaska in der ersten Neuinszenierung, der „Lustigen Witwe“ von Franz Lehár, ab 19. Oktober im rausgeputzten „Gärtnerplatz“ hoffentlich genauso schmalzig singen werden wie ihnen das bei der GALAnten Wiedereröffnung gelang.
GALAnt – das trifft auch auf die fabelhafte Wiedereröffnungs-Moderation Sigrid Hausers zu. Wie zitierte die charmante Wienerin im noblen Schwarz doch William Shakespeare (neben anderen Theatergrößen wie Karl Valentin, Heinz Erhardt oder Molière)? „Wenn die Musik der Liebe Nahrung ist – spielt weiter!“
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