Brüsseler Spitzen

Die Ergebnisse des EU-Gipfels lassen sich nicht besser beschreiben als mit den alten Spruch:
„Wenn der Hahn kräht auf dem Mist, dann ändert sich das Wetter oder es bleibt wie es ist!“
Der Gallische Hahn (Herr Nicolas Sarkozy) und das Teutonische Sparmonster (Frau Dr. Merkel), wie diese Akteure in der einschlägigen Presse nicht gerade freundlich bezeichnet wurden, konnten sich dahingehend durchsetzen, dass man keinerlei Beschlüsse gefasst hat, welche auf eine Aufgabe nationaler Interessen beider Länder im Interesse einer Weiterentwicklung der Europäischen Union geführt hätten.
Lediglich der sogenannte Rettungsschirm wurde bestätigt, und eine Kapitalerhöhung der EZB vorgenommen. Der bestehende Rettungsschirm soll über das Jahr 2013 hinaus ausgeweitet werden. Dieses bedingt die Abschaffung der unsinnigen neoliberalen Klausel im Lissabon-Vertrag, welche die wirtschaftliche und finanzielle Unterstützung von EU-Ländern gegenüber anderen Mitgliedsländern untersagt. Was mit dem Verbot von Kapitalverkehrsbeschränkungen künftig geschehen soll, bleibt dahingestellt. Angeblich erarbeitet Herr Schäuble bereits Pläne für eine Transaktionssteuer, welche den lächerlichen Steuersatz von 0,01 % beinhalten sollen.
Strenge Auflagen sollen mit der Inanspruchnahme der Hilfen aus dem Rettungsschirm verbunden sein, welche die betroffene Bevölkerung der entsprechenden Länder in die Armut, oder sogar in die Verelendung treiben kann. Der Trend, soziale Standards abzubauen, wird offensichtlich weiterhin Hochkonjunktur haben.
Es bleibt zu befürchten, dass die gefassten Beschlüsse bis 2013 durch neue, zwangsläufig notwendige Entscheidungen überholt werden. Wieder einmal wurden offensichtlich lediglich die Interessen der Banken berücksichtigt, und nicht die der Arbeitnehmer. Schließlich haben die Banken die Kredite für die Exporte der BRD in die jetzt finanziell notleidenden Länder bereitgestellt, und sollen es künftig auch weiterhin tun, was die Schere zwischen Arm und Reich weiter auseinanderklaffen lassen wird. Dieses Problem kann für ein neoliberales System als systemimmanent bezeichnet werden.
Aufgrund der Tatsache, dass es mittlerweile ruchbar wurde, dass die unterschiedlichen Wirtschafts-, Finanz- und Fiskalstrukturen dringend einer Harmonisierung bedürfen, um ein weiteres Auseinanderdriften der Volkswirtschaften, und damit die Provokation von Spekulationen zu verhindern, stellen Merkel und Sarkozy eine sog. Europäische Wirtschaftsregierung in Aussicht. Wann man damit beginnen will, bleibt dahingestellt. Es ist zu erwarten, dass Frankreich und die Bundesrepublik ihre Macht ausüben werden, um ihre eigenen Interessen in den Vordergrund zu stellen, um Abhängigkeiten zu schaffen. Diese Interessen dürften aber nichts mit den Interessen der abhängig Beschäftigten in der EU etwas zu tun haben, sondern dienen lediglich denen der Kapitalgeber im neoliberalen System.
Eine Rücksichtnahme auf die Arbeitnehmer nimmt der praktizierte Staatsmonopolkapitalismus keineswegs. Es wird demnach darauf ankommen, soziale Standards anzugleichen, welche zur Verbesserung und nicht zur Verschlechterung in anderen Ländern führen, mit Hinweis darauf, dass zum Beispiel in Lettland weitaus niedrigere Sozialleistungen als in der Bundesrepublik üblich sind. Richtig wäre es dann, die Sozialsysteme in diesem Land denen der Bundesrepublik anzugleichen. Man kann sich kaum des Eindrucks erwehren, dass gewisse Politiker zu der Auffassung gekommen sind, dass es sich bei der EU um einen Sado-Maso-Club handelt, deren Mitglieder man neue Gürtel verkaufen muss, damit über diese Schiene die Riemen enger geschnallt werden können. Dieses kann nicht die Europäische Perspektive beinhalten. Die unsinnigen demographischen Interpretationen sowie die Schuldzuweisungen an eine vermeintlich negative Auswirkung der Globalisierung müssen endlich ein Ende haben. Mit einer Globalisierung hatten wir es beispielsweise schon zu tun seit es Telefone und Fernschreiber gibt. Bevölkerungswachstum kann wieder dadurch generieren, in dem soziale Strukturen geschaffen werden, welche dieses ermöglichen. Man muss ja nicht unbedingt auf das Instrument der Vergabe eines Mutterkreuzes wie im 3. Reich zurückgreifen.
Bis auf Weiteres wird man wohl seitens der Bundesregierung nicht auf exorbitante Exportüberschüsse in andere EU-Länder verzichten wollen, welche dann bestimmte Banken vorfinanzieren müssen. Durch derartiges Vorgehen wird die Schaffung von Konkurrenzunter- nehmen in den Ländern mit einer schwächeren Volkswirtschaft unterbunden. Schutz- oder Dumpingzölle können von diesen nicht erhoben werden. Sollten dann tatsächlich Bürgschaften der Bundesregierung dahingehend in Anspruch genommen werden, dass Zahlungen zu erfolgen haben, dann entsteht die absurde Situation, dass wir unsere eigenen Exporte nachträglich selbst bezahlen. Der notwendige Abbau von Exportüberschüssen kann nur über höhere Importe aus EU-Ländern erfolgen. Dieses erfordert wiederum einen Abbau des staatlich verordneten Lohndumpings in der BRD. Lohndumping hat in der BRD dazu geführt, dass in den letzten zehn Jahren die Arbeitnehmereinkommen um ca. 4 % gefallen sind, während in anderen EG-Ländern ein Anstieg bis zu 20 % festzustellen ist.
In den neuen Bundesländern wird man sich wohl noch an die Treuhand erinnern, welche ohne Rücksichtnahme auf die ansässige Bevölkerung Industrieunternehmen verscherbelt, und somit platt gemacht hat. Die Unternehmen in den alten Bundesländern haben sich lebhaft daran beteiligt, um von vornherein das Entstehen von Konkurrenzunternehmen oder deren Erhalt zu vermeiden. Seit Jahren ist man nunmehr dabei, diese Fehler unter Einsatz erheblicher finanzieller Mittel zu korrigieren. Die weit voneinander abweichenden Arbeitslosenzahlen zwischen den neuen und alten Bundesländern geben ein Zeugnis für die Notwendigkeit hierfür ab. Dass dann abhängig Beschäftigte in die Länder umsiedeln, wo eine Beschäftigungsmöglichkeit gegeben ist, dürfte eine logische Folgeerscheinung sein. Es gehört nicht viel Fantasie dazu, um diese Erscheinungen dann auf die EU umzusetzen. Wenn keine entscheidenden Maßnahmen in der EU ergriffen werden, dann haben wir es in den nächsten Jahren mit Völkerwanderungen zu tun, die lediglich von der Industrie zwecks Beschaffung billiger Arbeitsplätze erwünscht sind.
Zusammenfassend bleibt nur festzustellen, dass kurzfristige und egoistische Interessen der Politiker zwecks Machterhalt und Machtausweitung der europäischen Entwicklung oder Integration im Wege stehen. Sich als Selbstdarsteller in Szene zu setzen hat für diese offensichtlich immer noch Vorrang. Dass Frau Dr. Merkel sich in Afghanistan befindet, und dort verkündet, was alle Bürger längst wissen, nämlich, dass man sich dort im Kriege befindet, bestätigt nur diese Annahme.

Über Westphal Rainer 94 Artikel
Rainer Westphal, geboren 1944, ist seit 2 Jahren freiberuflich auf dem Sektor „Betriebswirtschaftliche Beratung und Betreuung“ mit dem Schwerpunkt Controlling tätig. Nach Abschluss der Mittleren Reife studierte er nebenberuflich Betriebswirtschaft, Volkswirtschaft und Arbeitsrecht. Aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit im Geld- und Devisenhandel verfügt er über entsprechende interne Branchenkenntnisse.

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