Angela Merkel ist wieder einmal ein Befreiungsschlag gelungen und kaum einer hat´s gemerkt. Die immer maasloser werdende Arroganz der Macht der Allparteien-Koalition im Bundestag hat in den letzten zwei Sitzungswochen vor Ende der Legislaturperiode zu einer erheblichen Demontage des Grundgesetzes geführt und Weichen für einen totalen Überwachungsstaat gestellt.
Die Implantation von Staatstrojanern wurde vom Bundestag durch die Hintertür beschlossen, für das Hacken von Computern durch Deutschlands Strafverfolgungsbehörden, für das Verwanzen von Smartphones, für das heimliche Mitlesen von WhatsApp-Nachrichten.
Offiziell heißt es Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens.
Bemerkenswert ist, dass die Staatstrojaner nicht im Entwurf stehen, sondern lediglich in einem Änderungsantrag, den die Bundesregierung nachträglich als „Formulierungshilfe“ eingebracht hat. Eine größere, geschweige denn öffentliche Debatte kam deshalb praktisch nicht zustande. Selbst die Bundesdatenschutzbeauftragte erfuhr erst über die Berichterstattung von netzpolitik.org davon. Die Koalition hat den Änderungsantrag fast Wort für Wort übernommen. Diesmal stellten selbst Medien wie die Zeit die Frage, ob ein solches Verfahren denn noch verfassungsrechtlich sei.
Ganz zu schweigen vom Netzwerkdurchsetzungsgesetz von Justizminister Maas, es sollte ehrlicherweise Netzwerksdurchsuchungsgesetz heißen, das am letzten Sitzungstag noch beschlossen werden soll, obwohl diesmal außer zahlreichen Experten sogar der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages und der UNO-Sonderbeauftragte für die Meinungsfreiheit, David Kaye festgestellt haben, dass der Entwurf dem Grundgesetz, europäischem Recht und UN-Konventionen, die Deutschland ratifiziert hat, widersprechen.
Die Fachpolitiker der Koalition haben verhandelt, um Schönheitsreparaturen am Entwurf vorzunehmen, die aus der gesetzgeberischen Missgeburt eine annehmbare Abstimmungsvorlage machen sollen. So sollen Beschwerden gegen so genante Hasspostings nach dem Prinzip der regulierten Selbstregulierung an Einrichtungen abgegeben werden, die nach dem Vorbild des Jugendmedienschutzes errichtet werden könnten. Dies sei ein wichtiger Beitrag zum Schutz vor Overblocking. Damit sei auch ausgeschlossen, dass die Rechtsdurchsetzung privatisiert wird. Das sind nur minimale Korrekturen, die das Gesetz keinesfalls verfassungskonform machen.
Weniger beachtet wurde in der Öffentlichkeit eine Grundgesetzänderung zur Parteienfinanzierung, die sich angeblich nur gegen die NPD richtet, potentiell aber auf andere unbequeme politische Konkurrenz angewandt werden kann. Außerdem wurde auf Druck ausgerechnet der Parteien, die in der Vergangenheit den Tierschutz ins Grundgesetz gehievt haben, wieder weitgehend unbeachtet bei Nacht und Nebel eine grundgesetzwidrige Aufweichung des Naturschutzgesetzes beschlossen. Die bisherigen Artenschutzregelungen wurden teilweise aufgehoben, ganz offensichtlich, um die Errichtung von Windkraftanlagen auch in Regionen zu ermöglichen, wo dies bisher tabu war.
Wie sehr sich unsere Bundestagsabgeordneten damit selbst bedienen, ist nicht bekannt, weil es keine Untersuchungen gibt, wie viele als Windparkbetreiber von den Gesetzen, die sie zugunsten des ungebremsten Ausbaus der „Erneuerbaren Energien“ beschließen, profitieren.
Insgesamt hat sich damit eine solche Häufung dubioser Vorgänge abgezeichnet, dass die Mainstream-Medien aus ihrem selbstgewählten Abstinenz von Regierungskritik aufzuwachen schienen und begannen, unangenehme Fragen zu stellen.
Das ist mit einem Schlag vorbei, seit sich unsere Kanzlerin mit Hilfe eines Modemagazins als Hausfrau von nebenan inszenierte. Ausgerechnet im Berliner Maxim-Gorki-Theater, das in den vergangenen Jahren wegen dubioser Aktionen, wie der Schändung der Gedenkkreuze von DDR-Flüchtlingen und der tagelangen Quälerei von Tigern, die am Ende „Flüchtlinge fressen“ sollten, sich hart am Rande der Gesetzlosigkeit bewegte, wählte Merkel als Ort, um wieder einmal eine ihrer berüchtigten Kehrtwendungen zu verkünden.
Am Rande einer Talkshow, in der sie offenbarte, dass sie die Augen ihres Mannes besonders liebe, wenn Besuch kommt, die Gläser gegen das Licht hielte, um sie ihren Gästen nicht nur sauber, sondern rein zu präsentieren und nahe legte, dass sie ihre Wäsche immer noch selber aufhängt, ließ sie sich eine Frage nach der Ehe für alle stellen. Die Ehe für alle hatten ihre politischen Mitbewerber, die sich wie Merkel scheuen, die wahren Probleme unseres Landes anzusprechen, als letztes Unterscheidungsmerkmal zum Angebot der Union ausgemacht.
Die Entscheidung über die Ehe für alle sei eine Gewissensfrage, ließ die Kanzlerin wissen und hatte damit den anderen Parteien nicht nur das Thema weggenommen, sondern auch ein weiteres mal demonstriert, dass sie sich um Parteitagsbeschlüsse der Partei, deren Vorsitzende sie ist, nicht schert.
Die Kanzlerin hätte die Parlamentsabstimmung freigegeben, jubelten die entzückten Medien und demonstrierten damit ihre Unwissenheit. Laut Grundgesetz ist ein Abgeordneter frei und nur seinem Gewissen verpflichtet, nicht dem Diktum seiner Partei unterworfen. Das ist so sehr in Vergessenheit geraten, dass es selbst Parlamentarier nicht mehr zu wissen scheinen.
Immerhin wurde auch kritisch berichtet. Merkel hätte die CDU endgültig entkernt. Dass sie gleichzeitig einen riesigen Schritt in Richtung Entkernung der Demokratie getan hat, wurde weitgehend nicht wahrgenommen. Da das Grundgesetz kaum noch jemand zu kennen scheint, wurde nicht moniert, dass wieder eine der „Ewigkeitskklauseln“ des Grundgesetzes ausgehebelt wird, die laut Artikel 79 GG nicht verändert werden dürfen. Unter art.79 (3) steht: „Eine Änderung dieses GG…, bei der… die in den Artikeln 1-20 niedergelegten Grundsätze berührt werden, ist unzulässig.“ Eine Missachtung der Ewigkeitsklauseln durch die Kanzlerin und ihr Gefolge ist allerdings nichts Neues. Sie hat bereits Art.16, (2) im Alleingang ausgehebelt und außer ein paar Verfassungsrechtlern hat ihr niemand widersprochen, auch unsere Verfassungshüter nicht. Die demokratischen Institutionen unseres Landes befinden sich in Auflösung. Verfassungsbrüche werden kaum noch wahrgenommen und deshalb nicht diskutiert.
Wir haben auch keine Wahl mehr. Indem sie die letzten Unterscheidungsmerkmale der Union zum rot-rot-grünen Block geschleift hat, ist den Wählern die Möglichkeit genommen, zwischen verschiedenen politischen Angeboten zu wählen. Er kann lediglich entscheiden, ob der politische Einheitsbrei, der von den Altparteien angeboten wird, etwas grüner, röter oder schwarzer sein soll. Wer sich von der FDP Erlösung aus diesem Dilemma erhofft, sollte einen Blick in das Wahlprogramm der Lindner-Partei werfen, das sich nur in Nuancen vom Einheitsangebot unterscheidet. Als Kämpferin für die Wiederherstellung der Rechtsstaatlichkeit hat sie sich weder in den vergangenen Landtagswahlkämpfen, noch in den geschlossenen Koalitionsverträgen oder im Wahlprogramm profiliert. Es gibt Widerspruch zum Maas-Gesetz von der FDP nahen Friedrich Naumann-Stiftung, aber keine fundierte Kritik der Partei an der Aushebelung des Grundgesetzes durch die Große Koalition. Auch die FDP taucht vor den brennenden Problemen unseres Landes weg.
Die Alternative für Deutschland ist mit ihren innerparteilichen Kämpfen beschäftigt, die daraus resultieren, dass sie verfährt wie die Altparteien, nur mit anderen Inhalten. Eine wirkliche Alternative wäre sie nur, wenn sie in der Lage wäre, statt eine eigene Funktionärskaste zu schaffen, Persönlichkeiten aufzustellen, denen Themen wichtiger sind als Pfründe. Das ist nicht zu erkennen. Von den AfD-Fraktionen hört man wenig, Impulse und Debatten gehen von der Partei kaum aus. Dabei liefern die Altparteien mit ihrer immer offener gezeigten Verachtung der Wähler und der Gesetze jede Menge Steilvorlagen,. Die AfD könnte sich als Rechtsstaatspartei profilieren, aber sie, bzw. ihr Parteivorstand zieht es vor, sich innerparteilichen Querelen zu widmen.
Kanzlerin Merkel hat es mit ihrer Methode der „asymmetrischen Mobilisierung“ geschafft, das Land in eine Lähmung zu treiben, die mich an die Situation der DDR der 70er Jahre erinnert. Die Mauer schien für die nächsten hundert Jahre zu stehen, nach der Ausbürgerung von Wolf Biermann gab es einen Exodus kritischer Intellektueller. Die Verhältnisse schienen zementiert. Die Zurückbleibenden machten bittere Scherze über den „dummen Rest“.
Eine ähnliche Friedhofsstille herrscht heute. Vor unseren Augen werden Verfassung und Gesetze missachtet. Das Land ist tief gespalten in die politische Nomenklatura und ihre Unterstützer und dem Rest der Bevölkerung, von den Politikern gern als „Pack“ bezeichnet.
Ich weiß aus der Geschichte, dass sich am Ende wieder die Realität durchsetzen wird. Aber das kann dauern. Im Kommunismus waren es endlose 70 Jahre. Merkel ist erst in zehn Jahren in dem Alter, in dem Konrad Adenauer als Bundeskanzler angefangen hat.
Quelle: Vera Lengsfeld
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