Die Autorin Verena Lugert studierte Literatur in München, Valencia und Lissabon. Zwei Jahre war sie Dozentin an den Universitäten von Shanghai und Kuala Lumpur, dann absolvierte die Henri-Nannen-Schule und war Stipendiatin in Peking. Anschließend war sie Redakteurin bei Neon und arbeitete danach frei zwischen Bali und Hamburg, schrieb Reportagen und betreute die Literaturseiten von Neon und Annabelle. Sie absolvierte in London eine Kochausbildung und arbeitete danach als Köchin in einem Londoner Gordon-Ramsay-Restaurant, wo sie natürlich auf der untersten Stufe der Hierarchie anfängt.
Sie gab mit Ende dreißig ihre erfolgreiche Karriere als Journalistin auf, um sich in die Küche eines Sternekochs wie Gordon Ramsay zu stellen und dort mehr als 10 Stunden am Tag körperlich hart zu arbeiten und sich dem tagtäglichen Leistungsdiktat zu stellen. Lugert berichtet vom harten Alltag, der sie erstmals schlichtweg überforderte: Alles, was ich konnte, was mir in meinem alten Beruf als Journalistin mein Auskommen gesichert hatte, was jetzt nicht mehr gefragt. In der Küche zählten Worte rein gar nichts, vom Commis wurde ohnehin erwartet, dass er schwieg. (…) Es war zu viel zu tun, ich schaffte es oft in den sechszehn Stunden kein einziges Mal, auf die Toilette zu gehen. Das ging vielen von uns so. Wir tranken auch alle so gut wie nichts.“ (S. 95)
Jetzt schrieb sie ihre Erfahrungen als Köchin in der gehobenen Gastronomie in ihrem neuen Buch „Die Irren mit dem Messer“ nieder. Lugert liefert mit ihrem Buch Insiderwissen im Bereich der Gastronomie, ein Skandalbericht oder eine investigative Schimpftirade mit dem gehobenen Zeigefinger ist es zum Glück nicht. Das Biographische steht leider zu sehr im Vordergrund, als wolle sie der Welt beweisen, dass sie sich als Frau sich in „dieser unbarmherzigen Männerwelt“ durchsetzen kann und am Ende zu einem akzeptierten Teil des Teams wird und zur geprüften Köchin wird. Manchmal schweift sie zu sehr in Einzelheiten ab, was die Geschichte dann etwas langatmig machen (S. 63, S. 50). Ihre kleinen Geschichten über die verschiedenen Charaktere der Nestoren der Kochwelt und den einzelnen Mitgliedern ihres Kochteams im Hintergrund sind zum Teil witzig und unterhaltsam (S. 82f), teilweise moralisch schockierend. („Und benutzte nicht die Wörter bitch, idiot und asshole, um mich anszusprechen“, S. 62f)
In weiten Teilen werden Fachbegriffe erklärt, so dass das Buch auch für Laien verständlich geschrieben ist. Wer ein Blick hinter die Kulissen und die Schattenseiten eines führenden Gastronomiebetrieb blicken möchte und damit noch gut unterhalten werden will, sollte sich das Buch zulegen. Das Zeug zu einem Bestseller hat es allerdings nicht.
Rezension des Buches von Verena Lugert: Die Irren mit dem Messer. Mein Leben in den Küchen der Haute Cuisine, Knauer, München 2017, 19,99 Euro
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