Über die Unvereinbarkeit der Naturwissenschaften mit der Theologie

Foto: Stefan Groß

Abgesehen davon, dass naturwissenschaftliche Gesetzmäßigkeiten jede Art von Wunder strikt ausschließen, unterscheiden sich die Naturwissenschaften grundsätzlich von der Theologie dadurch, dass sie durch Forschungsarbeiten ständig verbessertes neues Wissen schaffen, das nicht geglaubt werden muss, da es verstanden, überprüft und erfolgreich angewandt werden kann, was u. a. die durch sie geschaffenen Errungenschaften beispielsweise in Medizin und Technik beweisen. Vor allem in den letzten Jahrzehnten wurden in der Physik, Kosmologie, Biologie, Anthropologie, Genetik und in den Informationswissenschaften grundlegend neue Erkenntnisse gewonnen, die ein völlig anderes Menschen- und Weltbild als alle Religionen vermitteln. Sie stehen im unvereinbaren Widerspruch zu den Jahrtausende alten Offenbarungen des Alten und Neuen Testaments und den Dogmen der Kirche. Warum die heutigen Naturwissenschaften wesentliche Kernaussagen der „heiligen Schriften“ und kirchlichen Lehren unglaubwürdig machen und warum sie zu einem völlig anderen Lebenssinn führen, wird im Folgenden erörtert.

1. Einleitung

Ein wichtiges Fundament des christlichen Glaubens ist das Vertrauen auf die Wahrheit der biblischen und kirchlichen Botschaften, die unsere Vorfahren seit Generationen als unerschütterlich betrachteten. Doch dieses Vertrauen wurde in den westlichen Ländern aufgrund der Fortschritte in den Naturwissenschaften und der u. a. dadurch entstandenen heutigen Informations- und Kommunikationsgesellschaft schwer erschüttert. Vor allem zahlreiche eindeutig belegbare Erkenntnisse der Kosmologie, der Evolution und der Genetik, die in den letzten Jahrzehnten gewonnen wurden, stehen im unvereinbaren Widerspruch zu den theologischen Lehren. Durch diese Entwicklung hat sich die Kluft zwischen den Naturwissenschaften und der Theologie so stark vergrößert, dass die Theologen inzwischen allen ernsthaften Gesprächen mit kritischen Naturwissenschaftlern konsequent aus dem Weg gehen. Dies ist nicht nur meine persönliche Erfahrung im Zusammenhang mit meinen zahlreichen Artikeln in Tabularasa, zu denen kein Theologe trotz mehrfacher Aufforderung Stellung nahm. Da alle naturwissenschaftlichen Fakten beweisbar sind und sich ununterbrochen in unserem Leben bewähren, wird sich das durch die Erkenntnisse der Naturwissenschaften verursachte Problem der Religionen, die ihre Glaubensthesen aufgrund ihres Alleingültigkeitsanspruchs nur schwerlich verändern können, in Zukunft noch weiter verstärken.
Galileo Galilei war einer der ersten, der ernsthafte Probleme mit der christlichen Kirche bekam, weil er das biblische Weltbild, in dem die Erde als ruhendes Zentrum der Welt und als Scheibe dargestellt wird, unter der sich angeblich die Hölle (das Reich des Teufels) und über der sich der Himmel (das Reich Gottes) befindet, zu Fall brachte. Aufgrund seiner Beobachtungen stand die Erde nicht mehr im Mittelpunkt des Geschehens sondern die Sonne. Heute wissen wir sogar, dass nicht einmal die Sonne im Mittelpunkt des Universums mit Trillionen Sonnen steht und wir kennen darüber hinaus nahezu alle Details, wie das Universum entstanden ist und wie sich das Leben von Pflanzen, Tieren und Menschen evolutionär entwickelt hat.
Fundamentale Glaubensaussagen, die im krassen Widerspruch zu den Naturwissenschaften und zur menschlichen Logik stehen, findet man im Glaubensbekenntnis, mit dem Glauben an eine Auferstehung der Toten, in der Bibel in der vielfach kritisierten Schöpfungsgeschichte, in der Darstellung Gottes als übernatürlichen Menschen und in dem kirchlichem Dogma der Dreieinigkeit von Vater, Sohn und heiligem Geist und der daraus abgeleiteten Jesustheologie. Auch die Kirche hat in den letzten Jahrhunderten aufgrund der vielfältigen überzeugenden Bestätigungen des naturwissenschaftlichen Welt- und Menschenbildes durch die moderne Kosmologie und die Genetik erkannt, dass man die Aussagen der heiligen Schriften nicht wörtlich nehmen darf. Das ändert jedoch nichts daran, dass die inzwischen hoch entwickelten Naturwissenschaften trotz großzügiger Auslegung der Bibeltexte klare und eindeutige Aussagen nicht nur über die Entstehung unserer Welt und des Lebens auf dieser Welt sondern auch über den menschlichen Geist, die Seele und das ewige Leben der Natur machen können, die im krassen Widerspruch zu fundamentalen Glaubensaussagen stehen.
Die Auffassung, dass Religion und Naturwissenschaft miteinander harmonieren, wird dennoch immer wieder von blindgläubigen Wissenschaftlern mit der unhaltbaren Aussage vertreten, dass beide Seiten unterschiedliche Bereiche abdecken. Hingegen erkennt jeder kritische Mensch mit den Grundkenntnissen der Naturwissenschaften sofort, dass Theologie und Naturwissenschaft grundsätzlich unvereinbar sind, da sie völlig unterschiedliche Aussagen über das Universum und das Leben auf der Welt machen. Dadurch ist es unmöglich, gleichzeitig ein biblisches und ein naturwissenschaftlich orientiertes Weltbild zu haben, ohne Unstimmigkeiten zu verdrängen. Der aktuelle Artikel zeigt ferner, dass zusätzlich durch die Genetik, die Neurophysik und die Informationswissenschaften auch das biblische und naturwissenschaftliche Menschenbild und die Vorstellung von einem menschenähnlichen Gott unvereinbar sind. Sie sind ferner unvereinbar mit der religiösen Vorstellung, dass ein Gott aufgrund menschlicher Gebete in das Geschehen auf der Welt durch Wunder eingreift, da alles auf der Welt streng nach naturwissenschaftlichen Gesetzmäßigkeiten abläuft.

2. Zur „Auferstehung der Toten“

Ein im apostolischen Glaubensbekenntnis artikulierter zentraler Bestandteil der christlichen Religionen ist der Glaube an eine „Auferstehung der Toten“, ein Wunder, das eine körperliche und geistige Wiederherstellung der verstorbenen Menschen bedeutet, natürlich mit ihren Erinnerungen und ihrem Wissen aus ihrem früheren Erdenleben. Verbunden damit ist ein posthumes „Jüngstes Gericht“ über den längst vergangenen Lebenswandel der einzelnen Menschen mit Jesus als Richter und ein „ewiges Leben“. Dies wird durch folgende Formulierung im Glaubensbekenntnis zum Ausdruck gebracht wird: „Er (Jesus) sitzt zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters; von dort wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten.“
Der Wunderglaube an eine „Auferstehung der Toten“ und an eine Seele, einem Geist, der sich mit der geistigen Identität des Verstorbenen vom Körper lösen kann sowie an eine überirdische Gerechtigkeit entspricht den irrationalen Wunschvorstellungen der vormittelalterlichen unterdrückten Menschheit, als die Menschen noch jung verstarben. Diese Vorstellungen lehnen sich an die Berichte von der körperlichen und geistigen „Auferstehung von Jesus Christus“ an. Doch wie soll man sich das in der heutigen Welt vorstellen? Wer will denn als dementer und altersschwacher Greis wieder von den Toten auferstehen? Wenn schon ein Wiederaufleben, wäre dann nicht ein völlig neues Leben von Geburt an viel sinnvoller? Wie und wo sollten diese Milliarden auferstandenen Menschen der gesamten Menschheitsgeschichte weiterleben, sich ernähren, sich vermehren …? Es bleiben bei dieser kirchlichen Glaubensaussage zu viele Fragen offen.
Eine Auferstehung von längst verwesten oder verbrannten Toten widerspricht natürlich allen naturwissenschaftlichen Erkenntnissen und ist darüber hinaus völlig überflüssig. Wir sehen es an der Natur, dass es keines Wunders bedarf, um ewig zu leben. Sie lebt auch ohne Auferstehung der verstorbenen Menschen und Tiere sowie der verwesten Pflanzen ewig, da sie sich ständig schon vor dem Tod der einzelnen Lebewesen durch Zellteilung ausgehend von einem Samenkorn oder einer befruchteten Eizelle reproduziert. Wie dies funktioniert, ist in allen Details mikrobiologisch und genetisch erforscht und bekannt. Leben wird stets lebend aus lebenden Vorgängerzellen und Zellteilung unter Erhaltung der im Zellkern molekular abgespeicherten Erbinformationen weitergegeben. Ferner hat es die Natur durch die sexuelle Fortpflanzung verstanden, sich leichter an Veränderungen in ihrem Lebensraum anzupassen und sich zu größerer Komplexität intelligent weiterzuentwickeln. Die Natur hat damit durch intelligente Weitergabe des Lebens das Problem des unvermeidbaren Todes aller Lebewesen längst gelöst und lässt Pflanzen, Tiere und Menschen immer wieder ausgehend von einer einzigen Zelle erneut von Grund auf aufleben und sich weiter entwickeln.
Das auf diese Weise sichergestellte neue Leben mit uralten immer weiter entwickelten Erbinformationen aus einer Eizelle oder einem Samenkorn ist natürlich keine Auferstehung von den Toten, sondern eine komplette Erneuerung des Lebens in einer späteren Zeit und unter veränderten Bedingungen. Für Pflanzen, Tiere und Menschen bedeutet dies eine komplette Erneuerung des Lebens ausgehend von einer einzigen Zelle, in der für diesen Prozess alle Informationen genetisch abgespeichert sind. So wie in der Natur immer wieder dieselben Pflanzen und Tiere entstehen, entstehen auch immer wieder dieselben Menschen von Grund auf neu. Die Naturwissenschaften beweisen damit eindeutig, dass wir bereits auf Erden ohne eine irrationale „Auferstehung der Toten“ ewig leben und unser zukünftiges Leben in nachfolgenden Generationen selbst in der Hand haben. Dieses offenkundige und leicht verständliche Wissen, das genetisch eindeutig belegt ist, steht im unvereinbaren Widerspruch zu der Glaubensaussage von der Auferstehung der Toten und führt auch zu einer völlig anderen Sinngebung des jeweils aktuellen Lebens. Der naturwissenschaftliche Sinn des Lebens ist damit, für ein besseres Leben in nachfolgenden Generationen auf dieser Welt und nicht für ein hypothetisches ewiges Leben in einer anderen Welt zu sorgen und sich gleichzeitig der Verantwortung bezüglich der Zukunft der Menschheit zu entziehen.
Wie Leben in der Natur immer wieder neu entsteht, ist naturwissenschaftlich vollständig geklärt. Die Informationen zum Aufbau und der Funktion der einzelnen Lebewesen ist in den Genen der jeweiligen Spezies abgespeichert. Wie sie bei der Zellteilung weitergegeben wird, ist ebenfalls vollständig geklärt. Natürlich entsteht auch der Geist des Menschen durch neue Sinneseindrücke des neuen Körpers völlig neu durch neue Erfahrungen in einer anderen Familie und einem anderen Umfeld in einer späteren Zeit. Da Wissen nicht vererbt wird, können wir uns natürlich an kein früheres Leben erinnern, obwohl alle Zellen unseres aktuellen Körpers schon seit Jahrmilliarden gelebt haben. Lebende Zellen entstehen nicht etwa synthetisch aus Chemikalien, sondern grundsätzlich immer nur aus lebenden Zellen und damit ohne Unterbrechung des Lebens.
Eine Wiedergeburt in der nächsten Generation bedeutet für uns Menschen ein absolut neues Leben in einem erneuerten Körper und einem neu gebildeten Gehirn, das deshalb auch keine alten Erinnerungen enthält und nach jeder Geburt neues Wissen und neuen Erfahrungen in einem neuen Umfeld sammeln muss. Erbinformationen können keine Sinnesinformationen enthalten, da diese entkoppelt von den Genen ausschließlich im Gehirn verarbeitet und abgespeichert werden. So gibt es zwar Erbkrankheiten aber keine Erberinnerungen.

3. Zur Schöpfungsgeschichte

Als die Schöpfungsgeschichte vor Jahrtausenden entstand, wusste noch kein Mensch von den unendlichen Weiten des luftleeren Universums und was die Sterne wirklich waren, deshalb war es auch für die damaligen gläubigen Menschen leicht vorstellbar, dass sich über dem Himmel das überirdische Reich Gottes befand, dessen Licht nachts durch die Löcher des Himmelzeltes auf der Erde beobachtbar war. Die inzwischen offensichtlichen Mängel in der Schöpfungsgeschichte werden heute kaum noch kritisiert, da es für eine Religion im Grunde genommen nicht wichtig ist, wie die Welt mit allen Lebewesen entstanden ist, sondern nur, dass etwas Übermächtiges, was von gläubigen Menschen als Gott bezeichnet werden kann, für die Entstehung des Universums mit all seinen Sonnen und vielen erdähnlichen Planeten, der Natur und allen Naturgesetzmäßigkeiten auf unserer Erde und im Universum letztendlich aus einer Raum-, Zeit-, Energiesingularität vor etwa 14,7 Milliarden Jahren verantwortlich war. Wie das Universum entstand, ist heute in allen Details bekannt und durch unzählige wissenschaftliche Fakten bestätigt. Es wird im Standardmodell der Kosmologie eindeutig beschrieben. Demnach entstanden in den ersten Sekunden zuerst die Elementarteilchen, aus denen sich viel später die uns inzwischen bekannten Atome des Periodensystems der Elemente bildeten, aus denen viel später die Sonnen und nach weiteren etwa vier Milliarden Jahre die Erde entstanden, auf der sich ausgehend von Einzellern nach und nach evolutionär Pflanzen, Tiere und erst vor etwa zwei Millionen Jahre die Menschen entwickelten.
Aus naturwissenschaftlicher Sicht ist daher die Schöpfungsgeschichte ein Mythos, der in keinem Satz den Erkenntnissen der Kosmologie und der Evolution entspricht. Eine Tatsache, mit der sich die meisten Theologen durch Uminterpretation der Bibeltexte inzwischen abgefunden haben, so wie sie auch akzeptieren mussten, dass die Erde eine Kugel ist, die im luftleeren Raum um die Sonne kreist.
Fest steht darüber hinaus, dass nicht als erstes Lebewesen der Mensch geschaffen wurde, sondern dass sich alles Leben aus einer Zelle, der sogenannten Urzelle durch stete Zellteilung entwickelt hat. Offen sind allerdings noch viele Fragen, vor allem warum sich so schnell Zellen entwickeln konnten, die das Sonnenlicht zur Photosynthese nutzen konnten. Diese Fragen sind aber nicht grundsätzlich wichtig, da für alle Prozesse im Weltgeschehen bisher keine Verletzung der Naturgesetze festgestellt werden konnten. Es gilt damit als absolut erwiesen, dass das gesamte Geschehen im Universum durch die Eigenschaften der vier Fundamentalkräfte und durch die Eigenschaften der gleichzeitig in den ersten Phasen der Entwicklung des Universums entstandenen Elementarteilchen bestimmt wird, die später die bekannten Atome des Periodensystems bildeten. Sie legen von Anfang an gemeinsam mit den aus der Logik abgeleiteten mathematischen Gesetzmäßigkeiten den Ablauf und die Mechanismen aller physikalischen, chemischen und biologischen Prozesse von der ersten Sekunde des Universums an mit höchster Präzision fest. Was sich allerdings der Kenntnis der Naturwissenschaften entzieht, ist die Frage, was dafür verantwortlich war, dass genau die aus den Fundamentalkräften abgeleiteten Naturgesetze und keine anderen Gesetzmäßigkeiten wirksam wurden und genau diese Elementarteilchen und keine anderen aus Energie unbekannten Ursprungs entstanden waren.
Naturwissenschaftlich kann in der Entwicklung des Universums und des Lebens auf unserem Planeten kein göttlicher Eingriff erkannt werden, da alle Ereignisse den Naturgesetzen entsprechen und deshalb dabei keine Wunder erkennbar sind. Natürlich kann naturwissenschaftlich nicht ausgeschlossen werden, dass der Anstoß des Geschehens, der das Universum aus einer Raum-, Zeit-, Energiesingularität entstehen ließ, durch etwas, das als Gott bezeichnet werden kann, erfolgte. Die Begründung dafür ist, dass erst mit dem Zeitpunkt der Bildung der Materieteilchen auch die strengen Gesetzmäßigkeiten der Fundamentalkräfte zustande kamen, die für alles weitere Geschehen und damit für die Entwicklung unserer Welt und des Lebens auf unserer Welt verantwortlich waren und sind. So gesehen, wäre also nur ein einziges Wunder zu Beginn des Universums geschehen, mit dem alles, also alle Gestirne und alles Leben auf der Erde, von Beginn an mit den entsprechenden uns inzwischen bestens bekannten Gesetzmäßigkeiten so entstehen konnte, wie wir es heute sehen.
Wenn man als gläubiger Mensch von einem Schöpfergott sprechen möchte, dann kann man den kosmischen Geist, der Raum, Zeit und Energie und aus ihr Materie und die Fundamentalkräfte schuf, auch als Geist Gottes bezeichnen. Er ist der Urheber des Geistes (naturwissenschaftlich als Mechanismus bezeichnet), der für ewige Zeiten im Universum die Naturgesetze umsetzt. Mit ihm ist er allgegenwärtig und allmächtig und kein eigenständiges überirdisches allmächtiges Wesen, das den Menschen dafür geschaffen hat, dass sie seinen Worten gehorchen, ihn anbeten und Opfer bringen. Die Gottesvorstellung, dass Gott mit diesem Geist allgegenwärtig in allem wirkt, widerspricht den biblischen Berichten über die Menschenähnlichkeit Gottes, die von den Kirchen als wesentlicher Bestandteil des christlichen Glaubens mit Jesus Christus, als Gottes Sohn, übernommen wurde.
Wenn man einen Gott sucht und damit etwas unvorstellbar Mächtiges meint, das unsere Welt und die im Universum herrschenden Naturgesetze geschaffen haben könnte, dann kann man es nur im Ursprung des Universums finden. Warum? Weil nur die Ereignisse zu diesem Zeitpunkt und davor grundsätzlich naturwissenschaftlich unerklärbar sind. Die Entstehung unseres Universums muss deshalb auch Naturwissenschaftlern wie ein Wunder erscheinen, da die uns bekannten Naturgesetze zum Zeitpunkt Null des Universums noch nicht wirksam waren und andere Gesetzmäßigkeiten, die sich vollständig naturwissenschaftlicher Betrachtung entziehen, gültig waren. Damit sind die Ursache, Herkunft, der Informationsgehalt und die Mechanismen, die die Raum-, Zeit-, Energiesingularität zum Zeitpunkt Null des Universums wirksam werden ließen, grundsätzlich naturwissenschaftlich nicht erklärbar. Damit kommt für einen göttlichen Schöpfungsakt nur ein Wunder in den ersten Sekunden des Universums in Frage.
Wenn man mit Gott ein überirdisches Lebewesen meint, das schon vor unserem Universum gelebt hat und für die Entstehung des Universums verantwortlich war, dann kann man es in den Informationen, mit denen es entstanden ist und den Mechanismen (dem Geist), der sie ununterbrochen verarbeitet, erkennen. So wie Lebewesen aus einem Ei mit den Informationen des Erbgutes und den Naturgesetzmäßigkeiten entstehen, so ist auch das Universum mit Informationen und Mechanismen, die sie verarbeiten, entstanden. Dieser Geist (naturwissenschaftlich der Mechanismus), der dafür verantwortlich ist, setzt damit den Willen eines überirdischen Lebewesens durch die in unserem Universum wirksamen Naturgesetze und die aus Energie entstandenen speziellen Elementarteilchen so um, dass sie ewig unverändert wirken und mit ihren Eigenschaften das Geschehen im Universum von Anfang an und für alle Zeiten festlegen. Diese Vorstellung von Gott, nach der nur ein einziges Wunder, eine einzige nicht durch Naturwissenschaften erklärbare Aktion notwendig war, um das Universum und das Leben auf der Erde zu schaffen, unterscheidet sich total von der biblische Vorstellung der menschlichen Wesensart des Urhebers der Welt.

4. Zur personifizierten Gottesvorstellung

In den ersten Kapiteln des ersten Buches Moses wird Gott eindeutig als Mann beschrieben, der wie ein übermächtiger Magier mit Worten die Welt erschuf und zuletzt, als Krönung seiner Schöpfung, den ersten Menschen nach seinem Ebenbild aus Erde formte und mit seinem Geist zum Leben erweckte. Die daraus abgeleitete Darstellung Gottes als ewig lebender überirdischer Mensch mit entsprechend ausgeprägten menschlichen Eigenschaften, der zusätzlich unsichtbar, allgegenwärtig und allmächtig sein muss, ist eine der wichtigsten Glaubensaussagen der Kirche, weil es dann besonders leicht fällt zu glauben, dass er als überirdischer Mensch, quasi von Mensch zu Mensch, ihre Bitten verstehen und erhören kann und sie so im Gebet mit ihm sprechen, ihn verehren und verherrlichen können.
Ein Schöpfergott, der aus dem Nichts, also aus einem lebensfeindlichen Vakuum, ein Universum mit Trilliarden glühenden Sonnen schaffen kann, kann aber kein menschenähnliches Wesen aus Fleisch und Blut mit menschlichen Organen aus instabilen organischen Materialien und leicht verdampfbarem Wasser gewesen sein. Denn dazu müsste der Schöpfergott schon immer in einer bereits erdähnlichen Welt mit vernünftigen Temperaturen, einer sauerstoffhaltigen Atmosphäre und Wasser gelebt haben und er müsste natürlich für seine ihm ähnlichen Geschöpfe in seiner Schöpfung kein ganzes endloses und für die Menschheit völlig unnützes Universum mit Trillionen Sonnen erschaffen. Dazu würde ein Sonnensystem wie unseres reichen und sogar die restlichen Planeten wären für das Leben auf der Erde nicht nötig gewesen.
Die Instabilität der organischen Materialien macht zusätzlich ein ewiges Leben sowohl für einen Gott aus Fleisch und Blut als auch für Menschen in ein und demselben immer weiter alternden Körper ohne Wunder absolut unmöglich. Ewiges Leben von Pflanzen, Tieren und Menschen funktioniert, wie wir wissen, in der Natur auch ohne Wunder, aber nur durch ständige Erneuerung des Lebens aus einer einzigen Ei- oder Samenzelle und Weitergabe der kompletten Erbinformation vor dem unvermeidbaren Tod des alten Körpers. Die Verarbeitung dieser Informationen entspricht der Arbeit unseres menschlichen Geistes, der in unseren Neuronen aktiv ist. Wir können aber entscheiden, was wir mit den Informationen anfangen, die wir in unserem Gehirn abgespeichert haben. Der genetische Geist, der die Erbinformationen umsetzt, hat keine Entscheidungsfreiheiten. Er muss das tun, was ihm vorgeschrieben ist, weil er sich streng an die naturwissenschaftlichen Gesetzmäßigkeiten halten muss. Nur deshalb entsteht aus einem Hühnerei ein Huhn und nichts anderes. Mit der Erbinformation wird damit ein unbeugsamer Wille umgesetzt, der bereits mit der Entstehung des Universums über die Fundamentalkräfte und die Eigenschaften der Elementarteilchen zustande kam.
Da auf diese Weise mit den Naturgesetzen dem Geschehen im Universum und auf unserer Welt von Anfang an und für ewige Zeiten ein unbeugsamer Wille aufgeprägt ist, dem sich nichts entziehen kann, entspricht der Ursprung unseres Universums einem Ei, aus dem sich entsprechend den in den Elementarteilchen abgespeicherten Informationen ein bestimmtes Universum und kein anderes entwickelt, so wie sich aus genetischen Vorgaben aus einem Hühnerei ein Huhn und nichts anderes entwickelt. Mit den genetischen Vorgaben des Hühnereis wird der „Wille der Natur“ umgesetzt, so wie mit den Fundamentalkräften und den Elementarteilchen, die zuerst entstanden „ein kosmischer Wille“ umgesetzt wird, der im ganzen Universum wirkt und in Pflanzen, Tieren und Menschen als Wille der Natur für das Leben verantwortlich ist . Mit diesem allgegenwärtigen „Willen“ kommt eine Eigenschaft eines Geistes ins Spiel, der als „kosmischer Geist“ bezeichnet werden kann, da er für die Entstehung unseres speziellen Universums verantwortlich war.
So wie der genetische Geist für die Entstehung eines bestimmten Lebewesens aus einem Ei zuständig ist, indem er die Erbinformationen verarbeitet, so ist auch dieser kosmische Geist in unserem Universum von Anfang an aktiv und verarbeitet die Informationen der zuerst entstandenen Elementarteilchen mit den Fundamentalkräften zu ganz speziellen Atomen, Molekülen, Organismen und Lebewesen. So wie die Erbinformationen, die in den Genen von früheren Generationen aus der Vergangenheit stammen und auf der DNA abgespeichert sind, so könnten auch die Informationen, die die Elementarteilchen tragen und die ihre Eigenschaften bestimmen, Erbinformationen aus der Vergangenheit darstellen, die präzise festlegen, welches Universum mit welchen Eigenschaften mit ihnen entstehen muss. In beiden Fällen werden die Informationen mit einem Geist umgesetzt, der dazu die Fundamentalkräfte benutzt, aus denen sich die uns bekannten Naturgesetze ableiten. Der Urheber unseres Universums, den gläubige Menschen als Schöpfergott bezeichnen, wäre damit der kosmische Geist, der von Anfang an und für alle Zeiten mit den Naturgesetzen seinen kosmischen bzw. göttlichen Willen allgegenwärtig umsetzt. Nur die Naturgesetze sind wahrhaft göttliche Gesetze, da sie bedingungslos für ewige Zeiten auf unserer Welt umgesetzt werden.

5. Zur postulierten „Dreieinigkeit“

Seltsame unglaubwürdige Formulierungen über angebliche Söhne Gottes findet man ohne erkennbaren Grund in Kapitel 6.2 und 6.4. Sie lauten: „Da sahen die Söhne Gottes die Töchter der Menschen, wie schön sie waren, und sie nahmen sich von ihnen allen zu Frauen, welche sie wollten … und auch danach, als die Söhne Gottes zu den Töchtern der Menschen eingingen und sie ihnen Kinder gebaren.“
Was soll man davon halten? Wenn der Schöpfergott Söhne im Himmel hatte, hatte er dann auch Töchter, eine oder mehrere Frauen und eine ganze Familie? Die Formulierung über die Söhne Gottes ist deshalb besonders unglaubwürdig, weil damit eine Götterfamilie wie bei den römischen und griechischen Göttern suggeriert wird, die sogar mit Menschen Kinder zeugen. Sollte denn für eine derartige Götterfamilie auch eine Dreieinigkeit von Vater, Familie und heiligem Geist bestehen, und welche Rolle spielte dann unter den Söhnen Gottes der Menschensohn Jesus Christus, der in dem Konzil von Nicäa im 4. Jahrhundert als Sohn Gottes deklariert wurde?
Die christliche Trinitätslehre wurde zwischen 325 (Erstes Konzil von Nicäa) und 675 (Synode von Toledo) durch mehrere Konzile und Synoden entwickelt. Sie bezieht sich auf den Gottvater, Sohn und Heiligen Geist, die angeblich eine Einheit bilden, also drei Erscheinungsformen eines einzigen Gottes darstellen. Was ist dann mit den Söhnen Gottes, die auf Erden Kinder zeugten, was ist mit Maria, der „Mutter Gottes?“ Vater und Sohn sind unabhängig denkende Wesen, als zwei verschiedene Individuen mit unterschiedlichen Fähigkeiten. Wenn das nicht so wäre, warum sollte dann Jesus am Kreuz sagen: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“
Mit der kirchlichen Logik der Trinität, könnte man auch alle Lebewesen der Natur als ein Wesen bezeichnen, da alle unterschiedlichen Lebensformen der Natur evolutionär aus einer Urzelle wie aus einem Ei mit Informationen vorprogrammiert entstanden sind. Aber es sind unzweifelhaft verschiedene Individuen mit unterschiedlichen Interessen, die man nicht als eine Person oder als ein Wesen bezeichnen kann.
Anders verhält es sich mit dem Körper und dem Geist bzw. der Seele des Menschen. Naturwissenschaftlich betrachtet, ist ein Geist ein Mechanismus der Informationen verarbeitet. Ein Geist ist damit kein hypothetisches materieloses Wesen, sondern ein Mechanismus, der nur in einem Körper (einem System, einer Maschine, einem Computer oder in einem Lebewesen) mit Informationen arbeitet, die ebenfalls einen materiellen Träger benötigen, beispielsweise das Erbgut in den Genen, die Neuronen des Gehirns oder den Halbleiterchip in Computern. Was Descartes mit seinem Dualismus von Körper und Geist, den man damals noch als Leib-Seele Dualismus bezeichnete, nicht verstand, weil er meinte, es handele sich dabei um zwei verschiedene Formen der Materie, ist heute naturwissenschaftlich vollständig geklärt. Jeder materielle Stoff enthält von Anfange des Universums an verschiedene Informationen, die seine Eigenschaften charakterisieren und die deshalb bereits in den ersten Teilchen (den Elementarteilchen) enthalten sind und von ihnen bei jeder Wechselwirkung ausgetauscht werden.
Da Energie nur eine andere Form der Materie ist, trägt auch sie Informationen, die z. B. etwas über ihre Herkunft aussagen und die zu ihrer Nutzung spezielle Mechanismen benötigen, die uns bei den uns bekannten Energieformen bekannt sind. Da die Naturgesetze zum Zeitpunkt Null des Universums noch nicht gültig waren, können die Naturwissenschaften allerdings keine Auskunft über die Ursache geben, die das Universum mit den uns bekannten Elementarteilchen nach fest einprogrammierten Naturgesetzen entstehen ließ. Die Argumentation, bei der menschlichen Seele könnte es sich um eine spezielle unsichtbare Energie handeln, die mit den Information über den verstorbenen Menschen aus dem Körper des Menschen entweicht, ist ferner naturwissenschaftlich auch deshalb unhaltbar, da die in den Neuronen enthaltenen Erinnerungen nicht in einer Energieform abgespeichert werden können. Dazu wäre ein Wunder erforderlich, das auch gleichzeitig alle lange zuvor durch das Absterben von Nervenzellen des Gehirns verloren gegangenen Erinnerungen reproduzieren müsste. Auch beim sog. „Jüngste Gericht“ könnte nur bei Wiederherstellung aller Lebenserinnerungen gerecht gerichtet werden, was einem weiteren Wunder entspräche, das auch die Existenz der Seele überflüssig machen würde.

6. Fazit

Es wurde gezeigt, dass wesentliche Kernaussagen der führenden Weltreligionen mit den heutigen naturwissenschaftlichen Erkenntnissen unvereinbar sind. Darüber hinaus liefern die Naturwissenschaften ein rationales Welt- und Menschenbild, das sich grundsätzlich von dem der Theologie unterscheidet. Für die Naturwissenschaften besteht der Sinn des Lebens nicht darin, ein auf ein irreales Seelenheil ausgerichtete gottgefälliges Leben zu führen und eine Auferstehung vom Tod sowie ein ewiges Leben in einer überirdischen Welt zu erwarten, sondern die durch die Genetik garantierte eigene Zukunft schon während des jeweils aktuellen Lebens in den nachkommenden Generationen auf der Erde zu sichern und entsprechend langfristig zu gestalten. Das ist die wichtigste Botschaft, die uns die naturwissenschaftlichen Erkenntnisse der letzten Jahrzehnte liefern. Die naturwissenschaftlich erwiesene Reproduktion aller Lebewesen aufgrund der genetisch abgespeicherten Erbinformationen macht die Wunschvorstellung von einer hypothetischen „Auferstehung der Toten“ völlig überflüssig, da wir ständig in nachfolgenden Generationen neu entstehen, ohne uns jemals an ein früheres Leben erinnern zu können. Damit erleben wir immer wieder ein komplettes neues Leben, in einer neuen Zeit und einer veränderten Welt, die wir für uns in späteren Generationen bereits heute vorbereitend gestalten können.
Anstelle der Schöpfungsmythologie mit einer menschenähnlichen Gottesgestalt liefern uns die Naturwissenschaften das Standardmodell der Kosmologie in all seinen Feinheiten, die durch unzählige experimentelle Fakten bestens abgesichert sind. Wenn man einen Gott sucht, dann kann ihn nur bei der Erzeugung der Raum-, Zeit-, Energiesingularität, aus der unser Universum entstand, finden. Sie allein kann als göttliche Aktion interpretiert werden, da sie der üblichen Vorstellung eines Wunders entspricht, weil dafür die uns bekannten Naturgesetze nicht gültig waren. Dass dafür ein „Lebewesen“ mit einem unbeugsamen Willen verantwortlich gewesen sein könnte, liegt darin begründet, dass der erste Nukleus des Universums bereits wie ein Ei mit Informationen so vorprogrammiert war, dass das Universum mit einem entsprechenden Geist (naturwissenschaftlich Mechanismus) sich wie alle Lebewesen mit sehr spezifischen Eigenschaften entwickelte und Gestalt annahm. Wie sich aus einem Ei (bestehend aus einem Körper und einem genetischen Geist, der die Erbinformationen verarbeitet) beispielsweise ein Huhn entwickelt, so entwickelten sich evolutionär aus Elementarteilchen Atome, dann Moleküle, dann Systeme und schließlich Lebewesen. Bei der evolutionären Entwicklung unserer Welt und ihrer Lebewesen war durch die mit den Elementarteilchen geschaffenen perfekten Naturgesetze demnach kein weiterer Eingriff eines überirdischen Wesens mehr erforderlich, was auch heute in unserer realen Welt durch das Fehlen jeglicher Wunder nachweisbar nicht beobachtet wird. Nur wer den Lauf der Welt und die Entwicklung des Lebens zu Beginn des Universums in einer einzigen Aktion mit den entsprechenden Elementarteilchen und Gesetzmäßigkeiten (Körper und Geist) so festlegen kann, dass damit sogar ganz von selbst Leben auf der Welt entstehen kann, ist absolut perfekt und unübertroffen intelligent, wie man es auch von einem Gott erwartet.
Jede Theologie, als Lehre von Gott oder Göttern, hatte schon immer einen schweren Stand innerhalb der einzelnen Weltreligionen. Seit der Neuzeit erschüttern zusätzlich die Naturwissenschaften ihre Fundamente, was neuerdings verstärkt durch die naturwissenschaftlichen Erkenntnisse der letzten Jahrzehnte jede Art von Theologie, wie dieser Artikel im Detail aufzeigt, immer unglaubwürdiger macht. Die Theologie hat ferner den grundsätzlichen Nachteil, dass sie durch den absoluten Gültigkeitsanspruch der heiligen Schriften und kirchlichen Dogmen praktisch nicht reformierbar ist. Im Gegensatz dazu werden durch intensive naturwissenschaftliche Forschung ständig neue Erkenntnisse gewonnen, die später immer weiter verfeinert werden, bis alle Details bekannt sind. Die Theologie hat vor allem heute in unserer rationalen Welt den weiteren gravierenden Nachteil, dass sie geglaubt werden muss und nicht durch harte Fakten wie alle naturwissenschaftlichen Erkenntnisse belegt werden kann. Eine Theologie, die nicht damit anfängt, die Erkenntnisse der Naturwissenschaften für sich zu nutzen, hat keine Zukunft. Um einen völligen Absturz zu vermeiden. muss sie ein Weg finden, der die Kirchen reformierbar macht, damit die Diskrepanzen mit den Naturwissenschaften überwunden werden können.

Über Hans Sixl 52 Artikel
Dr. Hans Laurenz Sixl, Jahrgang 1941, arbeitete als Professor für Physik an den Universitäten Stuttgart und Frankfurt und als Visiting Professor in Durham (UK) und Tokyo (J). Von 1986 bis 2001 war er Forschungsdirektor in der Chemischen Industrie und Vorstandsmitglied der deutschen Physikalischen Gesellschaft. Seine Arbeitsgebiete waren Spektroskopie und Materialforschung. Er hat die Molekularen Elektronik in Deutschland begründet und lehrte an der Universität Frankfurt.

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