Nordkorea führt Obama und Clinton vor. Ein Plädoyer für etwas mehr Realpolitik und weniger Show!
Da hungert und darbt das seit einem halben Jahrhundert versklavte nordkoreanische Volk in der letzten kommunistischen Monarchie und dies auch, um Kaiser Kim II den Bau einer eigenen Atombombe zu ermöglichen. Mit diesem abscheulichen „Spielzeug“ versuchte die nordkoreanische Führung die Welt und speziell auch Amerika zu erpressen, um politische und wirtschaftliche Zugeständnisse an das Nordkorea zu machen.
Tragisch für Millionen Menschen, die für dieses Atomprogramm geblutet haben: diese menschenverachtende Strategie von Kim Jong II blieb weitgehend ohne Erfolg: Nordkorea isolierte sich selber immer mehr. Menschenverachtende politische Prozesse, politischer Mord -das alles hat Routine in Nordkorea und fand nie wirklich Beachtung im Rest der Welt.
Sicher hat Nordkorea ein paar unangenehme Freunde in Gestalt derer, die sich von Nordkorea mit Waffen bis hin zu Raketen beliefern lassen, aber das Land ist arm und es ist so arm, dass die Menschen dort ihre Armut nicht einmal mehr erkennen können.
Die gesellschaftlich seiende Armut (Marx) bestimmt das Bewusstsein. Und das Bewusstsein der Menschen in Nordkorea hat sich in jahrzehntelanger, existenzieller Armut und Unterdrückung und politischer Gehirnwäsche derart auf die lebensunwürdigen Umstände eingestellt, dass die Mehrzahl der Menschen diese für vollkommen normal halten und auf diese Weise ihre unmenschliche Armut überleben.
Die Verhaftung der Journalistinnen wurde ein Weltthema
Dieses Nordkorea verhaftet zwei amerikanische Journalistinnen und verurteilt sie unter Anwendung seiner das Recht beugenden Vorschriften zu je 12 Jahren Arbeitslager in Nordkorea. Und jetzt zeigt sich, dass Nordkoreas Führung damit einen großen politischen Coup gelandet hat!
Die Verhaftung der Journalistinnen wurde ein Weltthema und Nordkorea hatte plötzlich ein Faustpfand ganz anderer Art in der Hand: Menschenraub, um den es sich de facto bei der „Verhaftung“ und Verurteilung der Journalistinnen handelte, ist weniger martialisch als die Atombombe und zahlt sich aus. Das wusste auch schon die DDR, um an deutsche Verhältnisse zu erinnern. Eine nicht unwesentliche Devisenquelle in der DDR bestand im „Verkauf“ von politischen Gefangenen an die Bundesrepublik Deutschland.
Jetzt also reiste der mühsam als „Privat“-Mann deklarierte Ex-US-Präsident Bill Clinton, Ehemann der heutigen US-Außenministerin Hillary Clinton, (der Obama das Versprechen geben musste sich nicht als Dauerredner in die aktuelle US-Politik einzumischen) in die nordkoreanische Hauptstadt Pjöngjang, um die beiden amerikanischen Journalistinnen abzuholen, wie man es wohl zutreffenderweise nennen muss, und mit ihnen gemeinsam in die USA zurück zu reisen.
Es war der Name, Clinton, den Nordkorea haben wollte. Bill Clinton selber hätte sich 20 Stunden in Nordkorea schlafen legen können. Er brauchte nichts zu tun. Die Freilassungsshow mit ihm bedurfte seines Zutuns sicherlich nicht. Insofern ist das Ganze kein „Erfolg“ von Bill Clinton. Aber sehr wohl einer von Nordkorea.
Das Ganze zeigt die Armseligkeit der Außenpolitik von Barack Obama und Hillary Clinton, die ein mieses Kidnapping einer Diktatur dazu missbrauchen, um die auf Eis liegenden Kontakte zu Nordkorea, das auch von Obama grundsätzlich als Schurkenstaat behandelt wurde, zu revitalisieren.
Obama ist für Nordkorea ein dicker Fisch
Je mehr das Weiße Haus tönt, dass Clinton ohne offiziösen Auftrag gehandelt hätte, desto deutlicher wird, dass das Gegenteil der Fall ist. Das Ganze hat überhaupt nichts von dem versprochenen „Change“, sondern ist ein Rückfall in kleinkarierte, uralte so genannte diplomatische Spielereien.
Warum hat Obama nicht offen und ehrlich einen Verhandlungskontakt zu Nordkorea geknüpft? Warum diese durchschaubaren Tricksereien? Außenpolitisch ist Obama ein Greenhorn und das offenbart sich auch hier wieder. Ist Obama so klein, dass er glaubt, er könnte nur auf eine solche Weise einen Gesichtsverlust für sich selbst vermeiden, dass er seine Annäherung an Nordkorea als eine nicht autorisierte Bemühung in humanitärer Sache verkleidet?
Bill Clinton war, wie viele meinen, ein politisches Schwergewicht. Sei’s drum, er ist keines mehr, aber er ist ein Big Name und er vertritt, wie jedermann unschwer erkennt, in diesem Fall die USA. Er und Barack Obama und natürlich auch Hillary Clinton haben sich in Wahrheit von Nordkorea vorführen lassen. Bill Clinton wäre besser vor zehn Jahren, als er noch selber Präsident war, nach Nordkorea gefahren.
Dort, wo man erkennbar kein Interesse daran hatte zwei amerikanische Journalistinnen in Arbeitslagern zusätzlich verpflegen und bewachen zu müssen, hat man richtig kalkuliert und auf die Karte eines außenpolitisch schwachen US-Präsidenten gesetzt. Doppelter Vorteil: Obama hat zwar nach den ersten sechs Monaten seiner Amtszeit in inneramerikanischen Umfragen deutlicher verloren als George W. Bush, aber der erste weiß-schwarze Präsident Obama ist immer noch für viele ein Heiliger und ein dicker Fisch für Nordkorea ist er allemal.
Wenn dieser Coup Nordkoreas und das Eintreten der dort intendierten Reaktion der Obama-Administration den bilateralen Beziehungen der beiden betroffenen Länder (aber auch letzten Endes dem Weltfrieden) dienlich ist, gibt es keinen Grund Nordkorea nicht weitere derartige diplomatische Erfolge zu wünschen.
Die Clintons und Obama können ihre bisherige Haltung zu Nordkorea, die nicht viel anders war, als die des allgemeinen Hass-Objekt George W. Bush, jetzt changen, aber sie haben sich jetzt auch selber unter Zugzwang gesetzt: sie müssen es jetzt auch.
Das Heft des Handelns sollte sich Obama allerdings nicht permanent aus der Hand nehmen lassen: im Iran hat Obama de facto mit seinen tumben Anbiederungsversuchen bei der dortigen Führung und seinen verantwortungslosen Hoffnungsweckereien bei der iranischen Opposition tragische Flurschäden in seiner kurzen Amtszeit angerichtet, die er und seine Anhänger allerdings hartnäckig nicht wahrhaben wollen.
Man wünscht Obama etwas mehr außenpolitischen Realitätssinn und ein klareres Konzept. Nur gute messianische Wünsche sind nichts, was im Weißen Haus zur versprochenen Weltverbesserung geeignet ist.
Nordkoreas Diktator Kim Jong II freut sich über seinen Coup und man hofft, dass er Gefangener seiner eigenen Freude ist und jetzt einen ersten internationalen Erfolg auf dem Gebiet der Anerkennung seiner Regierung dazu nutzt, um etwas mehr Milde in seinem eigenen Land Raum zu geben. Ein wiedervereinigtes Nord-und Südkorea unter demokratischem Dach, das hätte was, und das wäre auch etwas, wofür ein Obama mit gekonntem Handwerk etwas tun sollte.
Das, was die amerikanischen Medien und die amerikanische Politik jetzt der Welt als Erfolg ihres elder statesman vorführen, ist billiges Eigendoping, darauf sollte der Rest der Welt nicht reinfallen.
Mit freundlicher Genehmigung von Bettina Röhl (www.welt.de)
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