70. Internationaler Musikwettbewerb der ARD in München: In die Seele gesungen und doch verloren

Keine Überraschung: Anastasiya Taratorkina ist Finalistin im Fach „Gesang“

Trug den 1. Preis der Jury und den Publikumspreis im Fach Gesang davon - die 28-jährige Sopranistin Anastasiya Taratorkina, Foto: Hans Gärtner

„Sie war die einzige, die mir in die Seele sang“, sagte eine Münchnerin, die nach dem Finale des Faches „Gesang“ am Prinzregentenplatz in den 100er Bus Richtung Hauptbahnhof stieg. Mehr als eine Stunde harrte sie mit den meisten der 249 zugelassenen Zuhörenden aus, um das Ergebnis zu erfahren. Anastasiya Taratorkina, 27 Jahre alt, geboren in Novosibirsk, an der Musikhochschule in Dresden ausgebildet, trug den Doppelsieg davon: Publikumspreis und 1. Preis der von Felicity Lott angeführten Jury Ben Heppner, Robert Holl, Johannes Martin Kränzle, Deborah Polasky, Gerhild Romberger und Bo Skovhus. Im Prinzregententheater stand Matthias Foremny am Pult des Münchner Rundfunkorchesters, um die fünf mal drei Gesangsstücke zu begleiten. 

Die Busreisende war von den Preisrichtern enttäuscht. Ihre Favoritin, die finnische Sopranistin Iida Antola, ging leer aus. Den 3. Preis teilten sich die deutschen Sopranistinnen Valerie Eickhoff und Julia Grüter mit dem  südkoreanischen Bariton Jeongmeen Ahn, der zusätzlich als bester Interpret ausgezeichnet wurde. Er sang „Largo al factotum della città“ aus dem Rossini-Barbier von Sevilla, „Through the port comes the moonshine“ aus „Billy Budd“ und „È sogno? O realtà“ aus Verdis „Falstaff“.

Valerie Eickhoff begann mit der Sesto-Arie aus „La clemenza di Tito“, der Mezzo-Arie „Erbarme dich, mein Gott“ aus Bachs Matthäuspassion und Rossinis Arie der Rosina „Una voce poco fa“. Julia Grüter, seit 2018 Ensemblemitglied des Nürnberger Staatstheaters, wählte „Höre, Israel“ aus dem „Elias“, die Händel-Arie „E pur cosi“ aus „Giulio Cesare“ und die Fiordiligi-Arie „Temerari!“. Die 1. Preisträgerin – für Insider keine Überraschung – glänzte als Letzte in der Reihenfolge mit Ausschnitten aus „Don Pasquale“, „Die Zauberflöte“ und „Rakes Progress“.

Die leer ausgegangene Iida Antola ließ sich als Mimi, Donna Elvira und Gounods „Margarethe“ hören – und verlor damit auf der ganzen Linie. Dass man sie für die Schluss-Ehrung nicht einmal auf die Bühne holte, geschweige denn ihr den 3. Preis zusprach, ja ihr nicht einmal einen Blumenstrauß überreichte, war ein Fauxpas des Veranstalters. Bei Teilen des enttäuschten Publikums fielen die Kommentare „unverständlich“, „ungerecht“ und „empörend“. Für Iida Antola gab es mehr Fürsprecher als die Dame im 100er Bus, der die Finnin als einzige „in die Seele sang“. Übrigens hatten sich 72 Gesangssolisten um den begehrten ARD-Preis beworben. 

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Prof. Dr. Hans Gärtner, Heimat I: Böhmen (Reichenberg, 1939), Heimat II: Brandenburg (nach Vertreibung, `45 – `48), Heimat III: Südostbayern (nach Flucht, seit `48), Abi in Freising, Studium I (Lehrer, 5 J. Schuldienst), Wiss. Ass. (PH München), Studium II (Päd., Psych., Theo., German., LMU, Dr. phil. `70), PH-Dozent, Univ.-Prof. (seit `80) für Grundschul-Päd., Lehrstuhl Kath. Univ. Eichstätt (bis `97). Publikationen: Schul- u. Fachbücher (Leseerziehung), Kulturgeschichtliche Monographien, Essays, Kindertexte, Feuilletons.