Immer für eine kirchliche Kontroverse gut, dabei als stockkonservativ verschrieen, letztlich aber nur konseuqnt im Glauben – die Piusbruderschaft kann zum 50. Jahrestag ihres Bestehens Erfolge vermelden. Im Rahmen der Feierlichkeiten werden am kommenden Donnerstag, dem 24. September, die Gebeine ihres Gründers feierlich umgebettet.
Die Priesterbruderschaft St. Pius X. feiert im Herbst 2020 ihr 50-jähriges Bestehen. Gegründet wurde sie am 1. November 1970 von Erzbischof Marcel Lefebvre. Als ihre Kernaufgabe sieht die kurz und bündig „Piusbruderschaft“ genannten Gemeinschaft die Ausbildung von Priestern im Geist der katholischen Tradition – wohlgemerkt: derjenigen vor dem 2. Vatikanischen Konzil. Was bei vielen Gläubigen für Stirnrunzeln sorgt, scheint aber gut anzukommen: Mittlerweile gehören der 2019 weltweit 675 Priester – davon drei Bischöfe – sowie 165 Brüder Die Bruderschaft zählt außerdem 138 Brüder mit Profess und 76 Oblatinnen, die Leitung hat der Generalobere, Pater Davide Pagliarani.
Aus Anlaß des Jubiläums werden am 24. September die sterblichen Überreste ihres Gründers feierlich aus dem Gewölbe des Seminars in die Krypta der Kirche des Unbefleckten Herzens Mariens in Ecône, Wallis, Schweiz, überführt. Diese Verehreung hat ihren Grund. Ihre eigene Geschichte, ihr Wirken betrachtet die Piusbruderschaft als eine 50-jährige Erfolgsgeschichte. Ihren Anfang nahm sie bereits im Jahr 1968, als Priesterseminaristen den französischen Erzbischof Marcel Lefebvre darum baten, ein Priesterseminar einzurichten, das sich an der traditionellen Lehre der Kirche ausrichtet und die überlieferte Form der Liturgie pflegt.
Die tridentinische Messe als Stein des Anstoßes
Infolge der Entwicklungen der 60er-Jahre, vor allem des Zweiten Vatikanischen Konzils sowie der großen, 1969 umgesetzten Liturgiereform, erschien es vielen konservativen Katholiken nicht mehr als Selbstverständlichkeit mehr, die tridentinische Form der katholischen Messe feiern und auch im übrigen ganz traditionell katholisch sein zu können. Die Gründung der Pius-Bruderschaft, ist daher als eine direkte Reaktion auf das zweite Vatikanum zu verstehen: die Messe auf Latein – das wesentliche Merkmal der tridentinishcen Messe – hatte viele Freunde, und sie hat sie bis heute.
Die Gründung erfolgte nicht, um etwas Neues zu installieren, sondern um eine bewährte und vertraute Glaubenspraxis zu erhalten. Anfang der 70er-Jahre wurde das Seminar in Fribourg eröffnet, dieses wurde allerdings bald zu klein, aufgrund des starken Zulaufs wurde ein großes Priesterseminar in Econe errichtet. Aber auch dieses neue Seminar wurde sehr bald zu eng, da in den ersten drei Jahren mehr als hundert Seminaristen um Aufnahme baten. Das führte zur Gründung von fünf weiteren Priesterseminaren, die Pius-Bruderschaft war auf allen Kontinenten außer Asien vertreten.
Im Einvernehmen mit Rom
Papst Benedikt XVI. (2005 – 2013) ließ 2007 die alte lateinische Messe wieder allgemein zu. Das öffnete unter anderem den Weg für die Aufnahme offizieller Gespräche. Seitdem nähern sich Piusbruderschaft und päpstliche Administration in Rom Schritt für Schritt an, alle Mitglieder der Pius-Bruderschaft gehören zur römisch-katholischen Kirche. Neben der Priesterausbildung sind aus der Priesterbruderschaft heraus oder in deren Umfeld zahlreiche Werke entstanden, die sich über 73 Länder der Welt verteilen.
Das ist keine Selbstverständlichkeit. Im Jahr 1988 führten Bischofsweihen, die die Piusbruderschaft ohne das Einverständnis des Vatikan durchführte, zur Exkommunikation der vier geweihten und zwei weihenden Bischöfe. Die Exkommunikation der vier Geweihten wurde am 21. Januar 2009 von Papst Benedikt XVI. aufgehoben, nachdem sie zuvor in einem Schreiben den Primat des Papstes voll anerkannt hatten und daher der Grund der 1988 ausgesprochenen Exkommunikation – die Bischofsweihe ohne Zustimmung des Papstes – nicht mehr existent war. Dies war der erste Schritt einer Reihe von gegenseitigen Annäherungen und Zugeständnissen. Eine Abspaltung von der katholischen Kirche, die fatal gewesen wäre, droht derzeit nicht mehr.
Dankwallfahrt nach Lourdes
Zur Piusbruderschaft gehören Gemeinschaften wie die Katholische Jugendbewegung oder die Militia Immaculata, aber auch zahlreiche Schulen, Krankenhäuser und Seniorenheime. Ein besonderes Anliegen der Piusbruderschaft ist es, die Exerzitien im Sinne des Heiligen Ignatius von Loyola zu predigen. Teilnehmer werden dabei auf eine Reise zu sich selbst und den Wesenszügen des katholischen Glaubens geschickt. Neben den Priestern und Ordensschwester zählen derzeit auch 206 Seminaristen direkt zur Pius-Brüderschaft, zahlreiche Ordensgemeinschaften – übrigens auch in den orientalischen Kirchen – sind mit ihr verbunden arbeiten mit ihr zusammen.
Generalobere Pagliarani lädt alle Gemeinschaften der Piusbruderschaft , aber auch alle anderen Gläubigen einer Dankwallfahrt anlässlich des 50-jährigen Jubiläums der Priesterbruderschaft nach Lourdes ein. Die Wallfahrt findet statt vom 23. – 27. Oktober 2020, und derzeit sieht es so aus, als könne sie trotz coronabedingter Einschränkungen tatsächlich stattfinden. Sollte dies so sein, wird dieses Ereignis den Höhepunkt der 50-Jahres-Feierlichkeiten der Piusbruderschaft bilden, etwa 20.000 Teilnehmer werden erwartet.