41. FILMFEST MÜNCHEN – Zurückschauen, um die Gegenwart zu verstehen

41. FILMFEST MÜNCHEN – Zurückschauen, um die Gegenwart zu verstehen
Das FILMFEST MÜNCHEN zeigt alle Facetten des Kinos, die Auseinandersetzung mit den Bruchstellen des demokratischen Gefüges aber prägt das Programm dieser 41. Festivalausgabe in besonderer Weise. Auch in Deutschland sind Rechtspopulist:innen in die Parlamente eingezogen, verbreiten menschenverachtendes Gedankengut, die sozialen Medien wirken als Verstärker. Gleichzeitig sterben die letzten Zeitzeug:innen des Holocaust. An diesem neuralgischen Punkt möchte das FILMFEST MÜNCHEN Filme in den Fokus stellen, die zeigen, wie wichtig es ist, für eine freie und offene Demokratie einzustehen.
„Empfänger unbekannt”, Regie: Sohrab Shahid Saless, Foto: Bert Schmidt
„Die letzten Jahre haben mit aller Deutlichkeit gezeigt: Unsere Demokratie ist verletzbar! Umso wichtiger ist es, die Stärke des Films zu nutzen, um antidemokratischen Tendenzen etwas entgegenzusetzen. Filme fangen die Vielfalt der Welt ein und ermöglichen einen Perspektivwechsel. So werden Grenzen, die unüberwindbar scheinen, durchbrochen. So entsteht Verständigung und Dialog!”, sagen Christoph Gröner, Festivalleiter und Julia Weigl, Künstlerische Co-Leiterin FILMFEST MÜNCHEN.
Das diesjährige FILMFEST MÜNCHEN zeigt eine Vielzahl von Filmen und Serien, die Parallelen zwischen dem Heute und Damals thematisieren. „Die Ermittlung“ ist ein Ensemblefilm, der das gleichnamige Theaterstück von Peter Weiss aus dem Jahr 1965 auf die große Leinwand bringt. Es basiert auf Aufzeichnungen, Zeitungsartikeln und Protokollen des ersten Frankfurter Auschwitz-Prozesses. „Führer und Verführer” blickt hinter die Kulissen des NS-Regimes, insbesondere auf die Manipulationsstrategien von Joseph Goebbels. Im Film werden Spielszenen, Archivaufnahmen und Zeitzeug:innenberichte kombiniert, um die Mechanismen von Propaganda aufzuzeigen. In „The Spoils” geht es um NS-Raubkunst. Bis heute wird darüber gestritten, wem diese gehört. Der Film „Die Fotografin” ist ein intensives Charakterporträt über die Kriegsfotografin Lee Miller. Sie dokumentierte die Schrecken der Lager Buchenwald und Dachau nach ihrer Befreiung. 1945 entstand ihr bekanntestes Bild: Miller inszenierte sich in Hitlers Badewanne. In der Serie „Turmschatten” wird das Erbe des Nationalsozialismus in der Gegenwart beleuchtet. Antisemitismus und Rechtsextremismus – eine Geiselnahme wird zum Zentrum eines Konflikts zwischen Rechtsradikalen, Demonstrant:innen und den Medien.
Die deutsche Aufarbeitung: ein Blick von außen  
Sohrab Shahid Saless gilt als einer der wichtigsten Filmemacher des Irans. 1971 verließ er sein Heimatland und setzte seine Arbeit im bundesdeutschen Exil fort. Gegen Ende der 70er-Jahre begann er, in seinen Filmen den deutschen Umgang mit der NS-Vergangenheit zu reflektieren. Am 28. Juni 2024 wäre Saless 80 Jahre alt geworden. Aus diesem Anlass zeigt das 41. FILMFEST MÜNCHEN in einer Hommage auf den Filmemacher drei seiner bedeutendsten Werke. In „Ordnung” (1980) thematisiert Saless die gesellschaftliche Lethargie bei der NS-Aufarbeitung. Als der Protagonist bei einem Psychiatrieaufenthalt plötzlich „Auschwitz!“ brüllt, wird er vom Personal mit einer Injektion ruhiggestellt. „Empfänger unbekannt” (1983) zeigt Parallelen zwischen der Diskriminierung und Verfolgung der jüdischen Bevölkerung ab 1933 und dem Umgang der Mehrheitsgesellschaft mit Migrant:innen der Wirtschaftskrise der frühen 80er-Jahre. „Hans — ein Junge in Deutschland” (1985) ist die Verfilmung des autobiografischen Romans „Die blaue Stunde” von Schriftsteller Hans Frick. Der Film beschreibt Fricks Angst vor der Entdeckung seiner jüdischen Herkunft während des Nationalsozialismus.

Im Rahmen der Reihe findet am 2. Juli eine Diskussionsrunde in Kooperation mit und im NS-Dokumentationszentrum statt.

Verteidigung demokratischer Werte: Ukraine im Fokus  
Das FILMFEST MÜNCHEN richtet in diesem Jahr den Blick auf aktuelles Filmschaffen in der Ukraine. Kuratiert von den Filmemacher:innen Mila Zhluktenko und Daniel Asadi Faezi in Zusammenarbeit mit dem ukrainischen Filmkollektiv Babylon’13 veranschaulichen drei Filmprogramme die Notwendigkeit, individuell und kollektiv mit dem Krieg umzugehen.

Die Sonderreihe wurde mit Unterstützung der Europäischen Union, der International Renaissance Foundation im Rahmen des Projekts „European Renaissance of Ukraine“ sowie der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit / Thomas-Dehler-Stiftung realisiert. Der Focus on Ukraine ist während des FILMFEST MÜNCHEN auch in der Beergarden Convention vertreten. Fünf ukrainische Projekte in Entwicklung werden am 01.07.24 im Amerikahaus vor einem Fachpublikum gepitched. Mehr zu der Veranstaltung finden Sie im Beergarden Convention Guide.

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