Das Selbstbestimmungsrecht der Völker ist nicht einklagbar. Wenn es einem Volk – die Definition des Volkes ist nicht eindeutig – erfolgreich gelingt, sich vom Ursprungsstaat abzuspalten, muss es zusätzlich von anderen anerkannten Staaten offiziell als Staat anerkannt werden, um in die Lage zu kommen, sein Selbstbestimmungsrecht zu verwirklichen. Daraus wird ersichtlich, dass es beim „Selbstbestimmungsrecht“ im eigentlichen Wortsinn sich nicht um ein „Recht“ handelt. Zudem wird das Selbstbestimmungsrecht nur ausnahmsweise gewaltlos erworben.
Das Selbstbestimmungsrecht der Völker ist unabhängig von der angestrebten Staatsform. Der neue Staat hat die Wahl, eine Republik, eine Monarchie, eine Demokratie oder eine Diktatur zu werden. Das Selbstbestimmungsrecht der Völker kann auch brutal erzwungen werden, so im Norden Koreas, wo das Volk sich sehnlichst mit seinen Verwandten im Süden vereinigen würde, und das nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen. Oder in Tibet, wo die kommunistische Weltmacht mit Hilfe des Militärs die Abspaltung verhindert.
Auch in Europa, selbst in der Europäischen Union, existieren Regionen, die die Eigenstaatlichkeit anstreben. Die Einwohner Schottlands dürfen in einer von London genehmigten geheimen Wahl darüber entscheiden und lehnen ihre Unabhängigkeit ab. Somit bleibt Schottland bis auf Weiteres freiwillig Teil des Vereinigten Königreich. Spanien hingegen verweigert der Mittelmeer-Provinz Katalonien die demokratische Entscheidung über eine mögliche Unabhängigkeit. Kataloniens Parlament erklärt sich trotzdem für eine unabhängige Republik (ganz Spanien ist eine Monarchie!) und bleibt völkerrechtlich eine spanische Provinz. Selbst Schottland, das eventuell die Unabhängigkeit ansteuert, scheut sich davor, Kataloniens Unabhängigkeit eindeutig anzuerkennen.
Aufschlussreich ist das Verhalten der EU, zu dem das Königreich Spanien und die Provinz Katalonien gehören. Die EU erklärt sich für nicht zuständig! Die EU braucht somit keine auch noch so mehrdeutige Position zu beziehen. Dieses schändliche Verhalten, für das ich mich als Bürger eines EU-Landes nicht fremdschämen kann und mitverantwortlich bin, bestätigt die oben gestellte Behauptung, dass das Selbstbestimmungsrecht der Völker unabhängig von der angestrebten Staatsform ist. Der alte und der neue Staat können sowohl Demokratien, als auch Diktaturen sein. Großbritanniens Verhalten ist eindeutig demokratisch, höchst uneindeutig ist das Verhalten Spaniens und der EU.
Warum erkennen die meisten EU-Staaten den Schurkenstaat Kosovo im zerfallenen Jugoslawien an? Weil der Kosovo kein Teil der EU und islamisch dominiert ist? Deutschland unter der jetzigen Kanzlerin Angela Merkel erkennt Kosovos Eigenständigkeit als einer der ersten Staaten an. Erhofft sich Merkel, dass mit der Eigenstaatlichkeit Kosovos keine Flüchtlinge von dort nach Deutschland zuwandern werden? Bis zu den kosovarischen Zigeunern (nicht alle gehören den Roma an), die von der kosovarischen Mehrheitsbevölkerung benachteiligt und verfolgt werden und die deshalb in Deutschland um Asyl betteln, ist das Merkelsche Gedankengebäude nicht durchgedrungen. Das könnte erklären, warum Deutschland ein von Spanien unabhängiges Katalonien nicht anerkennen wird, vor allem nicht als einer der ersten Staaten. Denn es ist nicht anzunehmen, dass die muslimischen und anderen Minderheiten Kataloniens nach der Unabhängigkeit fluchtartig Katalonien verlassen werden. Sollten einige bisherige Bewohner dennoch Katalonien verlassen wollen, so werden sie allein wegen der Sprachkenntnisse ins nahe Spanien übersiedeln.
Der praktische Grund, warum die EU-Staaten ein unabhängige Katalonien nicht anerkennen werden, ist nicht in der Liebe zu Spanien zu suchen, sondern in der Furcht, dass sich weitere Regionen der EU selbständig machen werden. Zwar sind ausreichende EU-Lippenbekenntnisse für ein „Europa der Regionen“ anstelle eines „Europa der Vaterländer“ vorhanden, doch fürchten die EU-Staaten durch die Selbstständigkeit der Regionen um ihre wirtschaftliche Stärke, die in der EU mit politischer Macht gleichgesetzt wird. Ein Europa der Regionen wäre gegenüber dem heillos verfahrenen nationalen Europa der Vaterländer ein demokratischer Lichtblick, den jedoch die meisten wichtigen EU-Akteure mit aller Macht und allen Tricks verhindern werden.
Das Verhalten der EU und ihrer Mitgliedstaaten während der Katalonien-Krise, welche noch lange nicht ausgestanden ist, beweist, dass Europa keinen besonderen Wert auf eine Demokratisierung der europäischen Zivilgesellschaft legt. Das erklärt, warum der Anteil der Armen in Deutschland und in der EU relativ und absolut wächst. Der € dient als gemeinsame Währung nicht allein der Beschleunigung des Warenverkehrs, sondern vor allem der Umverteilung des gesellschaftlich erzeugten Reichtums von unten nach oben. Für welchen Zweck die Tore der EU für massenweise ungebildete und unausgebildete Einwanderer geöffnet werden, ist nicht logisch nachvollziehbar. Es könnte sich um eine politische oder Merkelsche Kurzschluss- oder Fehlreaktion handeln. Es wäre gewagt zu behaupten, dass mit diesem Vorgehen die AfD gestärkt und ihr der Zugang zu allen Parlamenten Deutschlands geebnet wird, um von der Misere der bürgerlichen Regierenden abzulenken und eine Demokratisierung der Gesellschaft zu verhindern.
Es ist kein Wagnis zu behaupten, dass sich in Spanien demokratische Politikformen nicht durchsetzen werden. Eine quasi-militärische Konfrontation in und um Katalonien lässt sich nicht ausschließen.
Keine Freiheit für Katalonien!
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