Der südöstliche Teil der Kulturnation Armenien, Berg-Karabach, steht vor der Auslöschung. Seit 1.700 Jahren wohnen hier durchgehend Christen, und dieser heute zum Staatsgebiet von Aserbeidschan gehörende Besiedlungsraum steht unmittelbar vor der kulturellen Vernichtung. Etwa 120.000 Menschen, die sich anhand ihres Glaubens als Armenier definieren und die hier die weltweit älteste Kulturlandschaft des Christentum unter großen persönlichen Entbehrungen tragen, werden Opfer eines laufenden Völkermordes – jetzt, heute, in diesen Stunden.
Ein großes, ein schreckliches Wort. Wie fühlt sich „Völkermord“ an? Es ist nicht wie eine Explosion, es ist kein Knall. Es ist ein allmählicher, tückisch schleichender, tödlicher Prozess, der beim kurzen Hinschauen nicht wahrnehmbar ist. Wer nach harten Regenfällen im Gebirge eine Mure abgehen sah, unmerklich, doch nicht zu stoppen, dabei leise-unheilvoll grollend, nur ab und zu vom harten Krachen eines unter der Last berstenden Baumes unterbrochen – der mag ermessen, was jetzt die Armenier im Südosten ihres kulturellen Heimat erdulden. Wer am Ätna einem erkaltenden Lavastrom zusah – Zentimeter um Zentimeter das geliebte Kulturland auffressend –, der mag ermessen, wie sich „Völkermord“ anfühlt.
Im Südosten des historischen Armeniens schiebt sich, einer tödlichen Mure gleich, ein Völkermord immer näher an die Menschen. Vor drei Jahren verwandelte sich diese Mure plötzlich in eine glühende Walze aus Lava, denn am 12. Juli 2020 griffen türkische Panzer, assistiert von den Truppen Aserbeidschans, das von den Armeniern „Republik Arzach“ genannte Gebiet an, wir kennen es als Berg-Karabach. Zu vermuten ist, dass sowohl der Diktator Aserbeidschans, Ilham Alijew, als auch sein geistiger Vater, der türkische Diktator Recep Tayyib Erdogan, schon jahrelang auf eine passende Gelegenheit zum tödlichen Schlag gewartet haben. Und im Sommer 2020, die gesamte Welt stöhnte unter der Corona-Pandemie, sahen sie diese Gelegenheit gekommen.
Es bleibt festzuhalten: Nach geltendem Völkerrecht ist Berg-Karabach ein Teil Aserbeidschans. Das liegt an einer ungerechtfertigten, die Religionsfragen völlig ignorierenden Grenzziehung aus Zeiten, als sowohl Aserbeidschan als auch Armenien Sowjetrepubliken waren. Damals, in Zeiten der wirtschaftlichen Not durch den Kommunismus, wurde aus ganz praktischen Versorgungsgründen der Südostteil Armeniens der Nachbarrepublik Aserbeidschan zugeschlagen. Die so entstandene, gefährliche Schieflage wurde 1991, nach dem Fall der Sowjetunion, leichtfertig übernommen – die entscheidende Frage der Religion blieb weiter unberücksichtigt. Das Menschheitsverbrechen des Kommunismus, die Religion als Ganzes zu negieren, setzt sich in dieser Weltgegend damit fort, Stalin feiert hier – sozusagen – einen späten Sieg.
Das vom Kommunismus verursachte Unglück einer ahistorischen Grenzziehung führt heute in Berg-Karabach zum unmittelbaren Tod oder zur elenden Flucht mit Todesfolge für 120.000 Menschen – eine Katastrophe biblischen Ausmaßes! Kulturhistorisch wird ein weiteres Stück des einzigartigen, unersetzlichen, ältesten christlichen Kulturraumes der Welt verlorengehen. Schon sind die Kreuze an den Kathedralen demontiert, schon werden die Bauten gezielt demoliert, die Altäre geschändet. Die Abrissbagger stehen bereit. Die Imane, die einige der Kirchen zu Moscheen umwidmen werden, werden alsbald zur Stelle sein – wenn erst die Christen gestorben sind.
Zynisch lässt Machthaber Ilham Alijew in Aserbeidschan verkünden, alle Männer, Frauen und Kinder, die in Berg-Karabach leben, könnten die aserbeidschanische Staatsbürgerschaft annehmen – was er verschwiegt: dazu ist ein Übertritt zum Islam faktisch notwendig. Das liegt nicht einmal an der realen Lage, in der eine schiitische Mehrheit das Land prägt, sondern an der unmittelbaren Abhängigkeit des aserbeidschanischen Diktators Alijew von Erdogan, seinem türkischen Pendant. Und der steht für die Verbreitung des Islams sunnitischer Prägung mit Feuer und Schwert, den Völkermord des jungtürkischen Regimes an den Armeniern billigt er durch dröhnendes Schweigen.
Was passierte, nachdem vor drei Jahren der Krieg losbrach? Nachdem sich – metaphorisch gesprochen – die Mure des Völkermords in Berg-Karabach in eine Walze aus glühender Lava verwandelte? Ab Juli 2020 flogen türkische Kampfjets Angriffe auf das Gebiet, bombardierten speziell Plätze, die besonders vielen Menschen als Schutzraum dienten, und zerstörten speziell die Kirchen. Die Bilder der schwer getroffenen Kathedralen von Schouschi und Stepanakert gingen um die Welt – das immerhin. Zwei Drittel der Fläche Berg-Karabachs wurden erobert, die nunmehr regional stark eingeschränkten Menschen wurden von jedweder Verbindung zum Mutterland Armenien abgeschnitten.
Was bedeutet das? Nun, die geographische Lage Armeniens ist recht gut vergleichbar mit der Tirols: Als die Italiener den Brenner sperrten, war Tirol geteilt, ein Austausch nicht mehr möglich. Und auf frappante Weise haben wir hier eine Parallele zu Armenien, denn am 16. Juli 1920 wurde die Abtretung Südtirols an Italien gültig – fast auf den Tag genau 100 Jahre später, am 12. Juli 2020, wurde Berg-Karabach angegriffen. Die Parallele geht weiter: Am 10. Oktober 1920 erfolgte die formale Annexion Südtirols durch Italien, und im November 2020 wurde die faktische Abriegelung Berg-Karabachs Realität. Was sie Südtiroler nicht erleben mussten, war ein nachfolgender Völkermord, aber es waren auch keine moslemischen Eroberer, sondern ein christliches Brudervolk, das sich zwar wenig brüderlich benahm, aber immerhin die kulturelle Identität unangetastet ließ. Die Kirchen blieben also, wörtlich gesprochen, im Dorf – das ist der Unterschied, der als entscheidend wahrgenommen werden muss.
Seit November 2020 ist Berg-Karabach von der Gnade der muslimischen Militärs abhängig. Doch Gnade wird offenkundig nicht gewährt, seit Dezember 2022 ist das Gebiet von jedweder Hilfe abgeschnitten, auch humanitäre Hilfe wird zurückgewiesen. Eine Anordnung des Internationalen Strafgerichtshofes, die andauernde Blockade aufzuheben, wird schlichtweg ignoriert. Die Armenier in Berg-Karabach werden sich selbst überlassen – um zu sterben. Grauenhafte Krankheiten grassieren, mangels humanitärer Hilfe bleiben sie unbehandelt. Dazu kommt die bittere Not, denn weite Feldfluren, die bereits aserbeidschanisch besetzt sind, können nicht bestellt werden – die Bauern werden von moslemischen Scharfschützen bei der Feldarbeit ins Visier genommen. Der Presseagentur kathpress sagte der Außenminister der selbsternannten „Republik Arzakh“, also Berg-Karabachs, dass 95 Prozent der Bevölkerung bereits unterernährt seien.
Zwei Drittel der christlichen Kulturlandschaft Berg-Karabachs sind seit dem Krieg von 2020 ohnehin ungehindert der Zerstörung preisgegeben. Gibt es hier religiöse Toleranz, der Schutz der kulturellen Identität, vielleicht gar eine Autonomie nach Südtiroler Vorbild? Nichts davon! Kirchen werden umgewidmet oder geschändet, die 1.700 Jahre alte armenische Geschichte wird komplett getilgt, die Menschen werden ausnahmslos und mit äußerster Brutalität vertrieben – wenn sie wegen bereits erduldeter oder noch erwarteter Greueltaten bereits geflohen sind. Die noch verbliebenen, meist aufgrund ihrer körperlichen Schwäche zum Bleiben verurteilten Menschen sind abgeriegelt, eingeschlossen, von medizinischer Versorgung komplett abgeschnitten, dem Hungertod nahe. Sie werden in Bälde sterben, sofern sie sich nicht ihrer uralten kulturellen Identität entäußern und den Koran anbeten – oder fliehen.
Deutliche Worte hat der Deutschlandchef der Hilfsorganisation Christian Solidarity International, Pfarrer Peter Fuchs, für diesen Zustand gefunden. Er sieht einen seit 1915 nie zum erliegen gekommenen Völkermord gegen die Armenier: „Aserbaidschan hat offenbar die Absicht, eine neue Phase dieses dunklen Kapitels einzuläuten.“ Fuchs verweist in einem Interview, das er Tichys Einblick gab, auch auf Aussagen des Quasi Gesundheitsministers Berg-Karabachs, Vardan Tadevosyan. Der sagt demnach: „Der Preis für Eier hat sich seit der Belagerung verdreifacht. Tomaten sind zehnmal so teuer und für Äpfel bezahlen wir 30-mal so viel wie vor dem 12. Dezember.“ Dies ist der Zeitpunkt, an dem der Korridor von Latschin komplett abgeriegelt wurde. Wegen des fehlenden Benzins können nach diesen Angaben die Bauern keine Lebensmittel in die Hauptstadt der Region, Stepanakert, bringen. Und seit dem 14. Juli 2023 dürfen nun auch keine Patienten mehr nach Armenien gebracht werden, obwohl die medizinische Versorgung aufgrund des Belagerungszustands desaströs ist.
Berg-Karabach wird, wenn kein Wunder geschieht, nun zum christlichen Totenhaus. Älteren Menschen, Frauen mit kleinen Kindern und Erkrankten wird die Flucht nicht gelingen. Auf ihren Tod spekulieren Alijew und Erdogan. Und sie können sicher sein, daß die westlich Welt schweigt. Dass die linksdrehende Bundesregierung in Berlin den Glauben an Gott verloren hat, ist klar zu erkennen – Armenien ist Frau Baerbock um Gottes willen herzlich egal. Sie hat, das dar vermutet werden, überhaupt kein Mitgefühl der christlichen Natur. Natürlich kritisiert sie – als profilierte Völkerrechtlerin, die zu sein sie vorgibt – die Gewalt. Aber Gott spielt für sie keine Rolle. Womit sie, aus Sicht der Armenier zumindest, gar nicht in der Lage ist, das Problem zu erkennen.
Aber da ist noch eine andere Dimension, und die betrifft einen anderen gottlosen Minister – Robert Habeck, der neben dem von ihm so hoch geschätzten Amt des Klimaministers auch noch ein völlig unbedeutendes Ressort verwalten muss – er ist nebenbei Bundeswirtschaftsminister. Bundesklimaminister Habeck, so also nennt er sich gern, ist in der Hand Aserbeidschans, denn das Land exportiert neben den Öl vor allem Erdgas, um das er angesichts seiner wenig faktenbasierten Klimapolitik nicht herumkommt. Der aserbeidschanische Diktator Alijew war lange genug im Ölgeschäft tätig, um zu wissen, wie abhängig der Westen – und speziell Deutschland – vom Öl aus Baku ist, seit die Russen wegen des Ukraine-Krieges boykottiert und sanktioniert werden. Putin, der einzige Beschützer Armeniens, ist also gleichzeitig die größte Gefahr für dieses älteste christliche Kulturland der Erde.
Mit Blick auf die deutsche Politik sei also der deutsche Regierungschef Theobald von Bethmann-Hollweg zitiert, der angesichts des Völkermordes, den das türkische Brudervolk der Aseris ab 1915 verübte, folgendes sagte: „Unser einziges Ziel ist, die Türkei bis zum Ende des Krieges an unserer Seite zu halten, gleichgültig, ob darüber die Armenier zugrunde gehen oder nicht.“ Damals ging es um den Ersten Weltkrieg. Heute ist die Lage zwar hierzulande militärisch friedlicher, aber für die Menschen in Berg-Karabach haben sich die Zeiten nicht geändert. Der Völkermord der türkischen Verbündeten an den Armeniern geht weiter.