Am 1. Dezember 2019 jährt sich das Inkrafttreten
des Vertrags von Lissabonzum zehnten Mal. Die vbw – Vereinigung
der Bayerischen Wirtschaft e. V. erinnert anlässlich dieses Jahrestages
an das Vorhaben des Vertrages, die europäischen Institutionen zu verschlanken
sowie ihre Schlagkraft und Effizienz zu erhöhen. „Diese Ziele wurden nur
zum Teil verwirklicht. Wir brauchen eine starke europäische Stimme in den
zentralen Politikbereichen. Internationale Handelskonflikte, der Brexit,
aber auch Probleme auf der institutionellen Ebene und die politische Situation
in einigen wichtigen Einzelstaaten machen deutlich, dass Europa in zahlreichen
Politikfeldern noch viel enger zusammenrücken muss. Die EU muss stark und
geeint in der Welt auftreten, vor allem in der Handels-, Asyl-, Außen-
, Sicherheits- und Migrationspolitik“, sagte vbw Hauptgeschäftsführer
Bertram Brossardt.
Wesentliches Ziel des Vertrags von Lissabon
war eine Reform des politischen Systems der EU. Dabei sollten einerseits
die internen Koordinationsmechanismen ausgebaut und die Vetomöglichkeiten
einzelner Mitgliedstaaten reduziert werden. Andererseits sollten die Rechte
des Europäischen Parlaments gestärkt werden, um die demokratische Legitimation
der EU zu erhöhen. Brossardt: „Hier ist noch einiges zu tun. Insbesondere
die geplante Stärkung des EU-Parlaments ist nur teilweise umgesetzt.
Auch das Vorhaben, die EU-Kommission zu verkleinern und die Zahl
der Kommissare auf zwei Drittel der Zahl der Mitgliedstaaten zu begrenzen,
wurde bislang verfehlt.“
Im Vertrag von Lissabon strebt die EU zudem
an, die Soziale Marktwirtschaft als gemeinsame Wirtschaftsordnung
stärker zu verankern. „Dies begrüßen wir. Die Soziale Marktwirtschaft
sorgt für Wohlstand und soziale Sicherheit. Wir unterstützen insbesondere
das Ziel der EU, den industriellen Wertschöpfungsanteil wieder auf 20 Prozent
zu erhöhen“, erklärte der vbw Hauptgeschäftsführer.
Der Lissabon-Vertrag regelt, für welche
Politikbereiche die EU in welchem Umfang zuständig ist: „Für die Sozialpolitik
beispielsweise sind gemäß dem Subsidiaritätsprinzip, das durch den
Lissabon-Vertrag gestärkt wurde, weiterhin die Mitgliedstaaten zuständig.
Leider wird dieser Grundsatz durch immer neue Initiativen auf EU-Ebene
mehr und mehr ausgehöhlt. Deshalb bewerten wir einen europäischen Mindestlohn
kritisch, der Bürokratie schafft und Beschäftigungschancen vernichtet.
Ebenso eine europäische Arbeitslosenversicherung, die manche Staaten dazu
verleiten kann, Reformen zu verschieben. Und wir brauchen keine Mehrheitsentscheidungen
in der Sozialpolitik, die die Souveränität der Mitgliedstaaten massiv einschränken.
Sozialpolitik muss Sache der Mitgliedstaaten bleiben.“