1. Preisträgerkonzert des 73. ARD-Wettbewerbs Wie war`s?

Das Pacific Quintet hatte sich mit Johanna Doderers Auftragswerk „Rauhnacht“ die Blumen verdient. Foto: Hans Gärtner

Mit einem Wort: bravourös. Alle vier „Fächer“ des 73. ARD-Musikwettbewerbs 2024 kamen dran im „Prinze“: Cello, Gesang, Oboe, Bläserquintett. Ein Orchester: das des Bayerischen Rundfunks unter der Leitung von Matthias Foremny, ein Cellist, eine Sängerin, ein Solo-Cellist, ein Solo-Oboist und ein Bläserquintett. Ach ja, und eine Moderatorin: Annekatrin Hentschel.

Um mit ihr zu beginnen: Schönes Abendkleid, jedes Wort verständlich, hübsch kurz alle Ansagen, gute Laune verbreitend. Was von ihr erwartet wurde, kam nicht, wenigstens nicht deutlich: die erreichte Preiskategorie der Auftretenden. Dafür allerhand verzichtba Anekdotisches. Dass der Vater der fülligen finnischen 36jährigen Sopranistin Aurora Marthens gerne lachte und sie selbst gerne auf Abstand geht. Was so ziemlich egal ist. Marthens stellte sich mit Mozarts Arie der „Figaro“-Gräfin und Wagners „Tannhäuser“-Hallen-Arie vor. Mit Prägnanz, Tonstärke und mühelos anspringender, taffer Stimme. Die Frau kann was, was vielen Mädels fehlt – von Zärtlichkeit bis hin zu Dramatik. Nur: Welchem Opernregisseur wird sie figürlich willkommen sein?

Diese Frage stellt sich in Bezug auf den 21 Jahre zählenden Krzysztof Michalski nicht. Dieser Cellist eröffnete mit Victor Herberts Konzert für Violoncello und Orchester Nr. 2 e-Moll, op. 30 so brillant, dass man aus dem Staunen kaum herauskam. Seine stupende Technik verband er beglückend und vielversprechend mit unglaublichem Einfühlungsvermögen in diese spätromantische Filmmusik des vor 100 Jahren gestorbenen, als Cellist in Stuttgart ausgebildeten Amerikaners. Ilyes Boufadden Adloff tat sich mit Richard Strauss` Konzert für Oboe und kleines Orchester D-Dur, AV 144 um einiges schwerer. Das 1946 uraufgeführte Werk hat einen „Andante“-Teil, den Adloff gottlob gelöst und ohne Aufregung zu Gehör brachte – er kämpfte das ganze Stück mit Schweißausbruch. Das „geschrumpfte“ BR-Orchester half ihm bis in die letzte Bläser-Reihe.

Wofür sich dieser Abend lohnte, waren die Fünf vom „Pacific Quintet“. Sie haben sowohl die gespenstische als auch die herrlich ironisierte „Rauhnacht“ der 1969 geborenen Johanna Doderer umwerfend „geblasen“. Das Auftrags-Werk des Internationalen Musikwettbewerbs der ARD 2024, finanziert durch die Ernst-von-Siemens-Musikstiftung gehört ab sofort zu einem Pflicht-Stück für Bläserquintette. In der duftigen, frei-rhythmisch eleganten Interpretation von Aliya Vodovozova (Flöte), Fernando José Martínez Zavala (Oboe), Liana Leßmann (Klarinette), Pablo Neva Collazo (Horn) und Kenichi Furuya (Fagott) kam es in der Tat zu einem bravourösen Abschluss .

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Prof. Dr. Hans Gärtner, Heimat I: Böhmen (Reichenberg, 1939), Heimat II: Brandenburg (nach Vertreibung, `45 – `48), Heimat III: Südostbayern (nach Flucht, seit `48), Abi in Freising, Studium I (Lehrer, 5 J. Schuldienst), Wiss. Ass. (PH München), Studium II (Päd., Psych., Theo., German., LMU, Dr. phil. `70), PH-Dozent, Univ.-Prof. (seit `80) für Grundschul-Päd., Lehrstuhl Kath. Univ. Eichstätt (bis `97). Publikationen: Schul- u. Fachbücher (Leseerziehung), Kulturgeschichtliche Monographien, Essays, Kindertexte, Feuilletons.