Verletzungen des Rechtsstaates auch im Österreichplan 2030

Härtere Strafen für Klimaschützer

Der österreichische Bundeskanzler Karl Nehammer präsentiert den Österreichplan für 2030 in Wels

Strafverfolgung bei Amtsmissbrauch wird erschwert. Beschlagnahmung von Vermögenswerten bei der Einreise. Härtere Strafen für Klimaschützer. Auch der Österreichplan für 2030 von Kanzler Nehammer belegt die Notwendigkeit eines EU-Verfahrens gegen Österreich. Von Johannes Schütz.

Der österreichische Kanzler Nehammer präsentierte seine Pläne bis 2030.  In diesem Jahr trug Kanzler Nehammer seine Rede an die Nation in Wels vor, in der Messehalle, am 26. Januar.

Schon vor einem Jahr versuchte Nehammer, sein Konzept für eine Restauration des Landes zu zeigen. Damals betonte Nehammer, statt auf neue Technologien zu setzen, die Bedeutung des Verbrennungsmotors, den er gegen alle Modernisierungsbestrebungen der Europäischen Union verteidigen wollte. Ein Anliegen des österreichischen Kanzlers war es auch, Restriktionen der EU bei der Produktion von Putenfleisch zu beseitigen, offenbar um unhygienische Massentierhaltung zu fördern. Schließlich betonte er, dass es in Österreich schwierig sei, Vermögenswerte aufzubauen, dies sei, laut Nehammer, nur durch Erbschaft oder Lottogewinn erreichbar.

Inzwischen erstellten seine Marketingexperten eine Hochglanzbroschüre, 82 Seiten mit dem Titel: „Der Österreichplan von Bundeskanzler Karl Nehammer“. Einleitend suggerierte Nehammer: „Wie sieht unser Österreich im Jahr 2030 aus? Die Antwort auf diese Frage sollten wir gerade in international unsicheren Zeiten niemand anderem überlassen„.

Verlust der Rechtsstaatlichkeit

Das Konzept für 2030 zeigt, dass der Rechtsstaat in Österreich weiter abgebaut werden soll. Es mag sein, dass die Zeiten international unsicher sind, doch in Österreich wurden Übergriffe der Justiz bedrohlich.

Nehammer bereitet eine Veränderung bei strafrechtlichen Untersuchungen vor, die den österreichischen Richtern eine entscheidende Einflußnahme auf das Verfahren sichern soll:
„Neuregelung der strafrechtlichen Ermittlungsverfahren durch mehr richterliche Kontrolle“.
(Der Österreichplan von Bundeskanzler Karl Nehammer, S. 63)

Doch kritisierten Rechtsexperten und die Volksanwaltschaft bereits seit Jahren, dass Ermittlungsverfahren in Österreich oftmals nicht eingeleitet werden, ohne ausreichende Begründung. Die Staatsanwaltschaft wehrt Ermittlungen mit Hinweis auf § 35c StAG ab.

Das Staatsanwaltschaftsgesetz bestimmt in § 35c, dass Ermittlungen nicht durchgeführt werden, aufgrund eines fehlenden Anfangsverdachts.  Diese Erklärung wird auch bei Hinweisen auf Amtsmissbrauch gegeben.
Betroffen von solchen Strafanzeigen sind Richter, die willkürliche Vermögenskonfiskationen anordnen. Es wurden bereits tausende Fälle dokumentiert. Es ist in Österreich seit Jahren eine kriminelle Organisation erkennbar, die solche Vermögensübernahmen vollstreckt.

„Auch die Rechte von Beschuldigten in Verfahren müssen gestärkt und Vorverurteilungen konsequent vermieden werden“, wird im Österreichplan 2030 erklärt. Das klingt zwar einschmeichelnd, doch soll damit weiterhin ein Vorgehen gegen Sachwalter, bei Vermögenskonfiskation und Unterschlagung, unterdrückt werden. Es werden belegbare Fakten als „Vorverurteilung“ abgetan. Es wird § 35c StAG nicht beseitigt, wie dies von Rechtsexperten schon gefordert wurde, sondern der „fehlende Anfangsverdacht“ noch verstärkt, trotz strafrechtlich relevanter Tatbestände.

Justiz übernimmt Macht im Staat

Mit der Neuordnung, die Nehammer plant, werden solche Strafanzeigen stärker unter „richterliche Kontrolle“ gestellt. Damit werden Strafanzeigen bei Übergriffen, die von Richtern gedeckt werden, in Österreich endgültig blockiert. Ein Vorgehen gegen Amtsmissbrauch kann nicht mehr eingeleitet werden.

Eine politisch und finanziell motivierte Justiz übernimmt damit die Macht im Staat, die Kontrollinstanzen werden ausgeschaltet. Auf der Grundlage einer Pervertierung „richterlicher Unabhängigkeit“.

Als Beispiel für ein solch falsches Verständnis richterlicher Unabhängigkeit kann ein Schriftstück der Richterin Straganz-Schröfl zitiert werden, die im österreichischen Justizministerium für die Kontrolle der Richter zuständig gewesen wäre. In ihrem Schreiben erklärte Straganz-Schröfl: „den Organen der (Justiz-) Verwaltung, zu denen auch der Bundesminister für Justiz und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehören, ausnahmslos untersagt ist, Entscheidungen der Gerichte inhaltlich zu prüfen, abzuändern oder auch nur zu kommentieren“.
(Ruth Straganz-Schröfl, Bundesministerium für Justiz, Schreiben, Wien, 6. 11. 2015)

Somit soll keine Kontrolle mehr erfolgen, die die Rechtsstaatlichkeit sichern würde.

Beschlagnahmung von Wertsachen

Die Vorliebe der österreichischen Behörden für Vermögenskonfiskation wird auch beim Umgang mit Asylsuchenden deutlich. Ihre Wertsachen sollen bei der Einreise beschlagnahmt werden:

Beschlagnahmung von Wertsachen bei der Einreise
(Der Österreichplan von Bundeskanzler Karl Nehammer, S. 51)

Mit der Begründung: „dass es Konsequenzen braucht, wenn die EU es nicht schafft, angemessene Lösungen zu finden“, im Europäischen Asylsystem.

Asylsuchende finden damit keine Sicherheit in Österreich. Offensichtlich wird totale Vermögenskonfiskation in Österreich als „angemessene Lösung“ definiert. Damit sind Asylsuchende in Österreich gefährdet, sie können, nach Beschlagnahmung aller Wertsachen, den weiteren Fluchtweg nicht fortsetzen.

Schon dieser Übergriff, Beschlagnahmung der Vermögenswerte bei Asylwerbern, würde ein Verfahren der EU nach Artikel 7 des Vertrags von Lissabon gegen Österreich rechtfertigen, da Grundwerte deutlich verletzt werden.

Härtere Strafen für Klimaschützer

Null-Toleranz-Prinzip bei Kriminellen“ lautet die Desinformation im Österreichplan von Kanzler Nehammer. Sachwalter übernahmen Vermögenswerte in Milliardenhöhe, seit Jahren, doch werden keine Ermittlungen durchgeführt, trotz klarer Beweise. Dies wird nicht zum Thema gemacht.

Doch wie definiert Kanzler Nehammer „Kriminalität“`? Er kriminalisiert Aktivisten, die für Klimaschutz eintreten:

„härtere Strafen für Klimakleberinnen und -kleber durch Schaffung neuer Straftatbestände“
(Der Österreichplan von Bundeskanzler Karl Nehammer, S. 52)

Was sollen die neuen Straftatbestände sein? Staatsfeindschaft für Klima-Aktivisten. Oder Hochverrat, weil gegen Verbrennungsmotoren protestiert wird?

Offensichtlich tritt eine neue Generation auf, die in der politischen Debatte gehört werden will. Ein wesentliches Thema ist der Klimaschutz. Kanzler Nehammer stammt noch aus einer Generation, die in der Schule vorzüglich  in Autozeitungen blätterte, dieses Verhalten aus den siebziger Jahren ist bekannt. Es sollte ein BMW werden oder ein Alfa Romeo, damit man einen Auftritt hat, vor der Disco. Möglicherweise wird jetzt mehr in Zeitschriften für Naturschutz geblättert. Kanzler Nehammer wäre deshalb gut beraten, die adretten Jugendlichen nicht in das Gefängnis zu bringen, er sollte für qualifizierte Gespräche sorgen.

Schlawinertum statt Leistungskultur

„Österreich war immer ein Land der Leistung mit einer starken Leistungskultur“, behauptet Kanzler Nehammer.
((Der Österreichplan von Bundeskanzler Karl Nehammer, S. 8)

Doch wird Eigentum, Vermögen und Familientradition in Österreich nicht geschützt.  Die Leistung wird enteignet, das Erbrecht wird unterlaufen, die Immobilien werden übernommen, die Wertsachen geplündert. Ein Verfahren der EU nach Artikel 7 des Vertrags von Lissabon zum Schutz der Grundwerte in den Mitgliedsländern der Europäischen Union ist seit Jahren dringend notwendig.

Österreich wurde international schon gerne als „Schlawiner-Nation“ betrachtet. Tatsächlich will Kanzler Nehammer diese augenzwinkernde Spitzbubenkultur nicht beenden. Seine Lobpreisung von einer „Leistungskultur“ bleibt damit bedeutungslos, wie auch sein Österreichplan für 2030.

Links:

Was mit einer Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft für Korruption in Wien geschah
Tabula Rasa, 12. 10. 2023
www.tabularasamagazin.de/johannes-schuetz-was-mit-einer-strafanzeige-bei-der-staatsanwaltschaft-fuer-korruption-in-wien-geschah

Erbschaft oder Lottogewinn: Kommentar zur Rede des österreichischen Bundeskanzlers Nehammer
Tabula Rasa, 13. 3. 2023
www.tabularasamagazin.de/johannes-schuetz-erbschaft-oder-lottogewinn-kommentar-zur-rede-des-oesterreichischen-bundeskanzlers-nehammer

Der Österreichplan von Bundeskanzler Karl Nehammer
www.derösterreichplan.a

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Über Johannes Schütz 107 Artikel
Johannes Schütz ist Medienwissenschafter und Publizist. Veröffentlichungen u. a. Tabula Rasa Magazin, The European, Huffington Post, FAZ, Der Standard (Album), Die Presse (Spectrum), Medienfachzeitschrift Extradienst. Projektleiter bei der Konzeption des Community TV Wien, das seit 2005 auf Sendung ist. Projektleiter für ein Twin-City-TV Wien-Bratislava in Kooperation mit dem Institut für Journalistik der Universität Bratislava. War Lehrbeauftragter an der Universitat Wien (Forschungsgebiete: Bibliographie, Recherchetechniken, Medienkompetenz, Community-TV). Schreibt jetzt insbesondere über die Verletzung von Grundrechten. Homepage: www.journalist.tel