„Jeder Politiker mit diesem Thema konfrontiert“: Stellungnahme zu Übergriffen bei Sachwalterschaft und Erwachsenenvertretung

Rudolf Silvan als Redner im österreichischen Parlament (Parlamentsdirektion/Ulrike Wieser)

Die Minister gaben keine Antwort. Für den Karfreitagsbericht. Zum Schutz des Eigentums bei willkürlicher Sachwalterschaft. Doch Politiker kennen das Problem. Befragt wurde auch die Parteivorsitzende der SPÖ. Hier die Antwort des zuständigen Ressortsprechers.

„Natürlich ist beinahe jeder Politiker und jede Politikerin in seinem/ihrem Wahlkreis mit diesem Thema konfrontiert“. Das war die Antwort des zuständigen Sprechers der SPÖ zum Thema „Enteignung durch eine entwickelte Methode von Sachwalterschaft in Österreich“.

Auch vor zwei Jahren wurde eine Befragung zum Karfreitag in Österreich durchgeführt. Über willkürliche Vermögenskonfiskation durch Amtsmissbrauch der Justizbehörden. Ohne strafrechtliche Begründung. Zivilrechtlich durchgeführt.

Angefragt um Stellungnahmen im Jahr 2021 wurden Justizbehörden, Rechtsanwaltskammer, Parlamentsparteien, Interessensvertretungen.
Die Ergebnisse der Recherche waren so erschreckend, dass diese bisher nicht veröffentlicht wurden. Ein ausführlicher Bericht soll vorgelegt werden.

Hier ein erster Vorabdruck der Ermittlungen. Mit der Antwort der SPÖ.

Vorsitzende der SPÖ

Befragt wurden auch die Vorsitzenden aller Parlamentsparteien. Für die SPÖ wurde deshalb Dozentin Pamela Rendi-Wagner angefragt, die Bundesparteivorsitzende der SPÖ. Rendi-Wagner wurde im November 2017 erstmals Mandatarin der SPÖ im Parlament und bereits ein Jahr später, im November 2018, die Bundesparteivorsitzende der SPÖ.

Rendi-Wagner studierte Medizin an der Universität Wien. Sie wurde Dozentin mit einer Habilitation zum Thema „Spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin„. Sie gilt damit als Expertin für Impfprävention.

2011 wurde Rendi-Wagner die Sektionsleiterin für Öffentliche Gesundheit und Medizinische Angelegenheiten im Bundesministerium für Gesundheit und Frauen. Die Hierarchie in den österreichischen Ministerien lautet: Bundesminister, Sektionschef, Hofräte der Abteilungen. Die Leitung der Sektion ist somit den österreichischen Hofräten übergeordnet.

Zuständiger Sprecher der SPÖ

Vorsitzende Rendi-Wagner beauftragte Rudolf Silvan, den Volksanwaltschaftssprecher  der SPÖ. Er wurde im Oktober 2019 erstmals Abgeordneter im österreichischen Parlament. Die politische Laufbahn von Rudolf Silvan startete im Österreichischen Gewerkschaftsbund (ÖGB). Er ist seit Juli 2009 Landesgeschäftsführer der Gewerkschaft Bau-Holz Niederösterreich und seit 2014 Stellvertretender Vorsitzender des Österreichischen Gewerkschaftsbundes Niederösterreich.

Da bei diesem Thema auch die Volksanwaltschaft in besonderer Weise angesprochen wäre, sollte Rudolf Silvan die Anfrage beantworten. Stefan Hinterberger, sein parlamentarischer Mitarbeiter, übermittelte die Stellungnahme.

Große Zahl von Fällen

Rudolf Silvan bestätigte, dass die Volksanwaltschaft „in einer großen Anzahl von Einzelfällen mit diesem Thema konfrontiert wurde„.

Demnach erfuhr auch Silvan in seinem Wahlkreis in Niederösterreich von solchen Schwierigkeiten bei Sachwalterschaften. Doch konnte Silvan in seiner Antwort auf die speziellen Fälle, die auch
an ihn herangetragen wurden (…) aus Gründen des Datenschutzes und des verfassungsrechtlich gebotenen Gewaltentrennungsgrundsatzes nicht eingehen„.

Seine Hoffnungen beruhten auf dem neuen Erwachsenenschutzgesetz. Doch musste erkannt werden, dies dürfte „jedoch nicht in dem Umfang gelungen sein, wie es erwartet wurde“.

Silvan betonte deshalb, dass er sich für eine Evaluierung einsetzen wolle. Diesbezüglich wollte er auch mit Selma Yildirim, der Justizsprecherein der SPÖ, das Gespräch suchen: „Damit die notwendigen Schritte im dafür zuständigen Justizausschuss eingeleitet werden können“.

Strafrechtswidrige Handlungen aufzeigen

Im Rahmen der Evaluierung sollten auch Verletzungen der Grundrechte und strafrechtlich relevante Tatbestände untersucht werden:

„Wir sind optimistisch, dass eine solche tiefgreifende Evaluierung auch allfällige Grundrechtseingriffe oder strafrechtswidrige Handlungen aufzeigen könnte“.

Auch die Notwendigkeit von Restitution und Schadenersatz könnten bei einer solchen Evaluierung angesprochen werden, so erklärte Abgeordneter Silvan.

 

Vorbildliche Antwort

Abgeordneter Rudolf Silvan bewies, dass man bei diesem Thema durchaus eine solide Stellungnahme bieten kann. Im Unterschied zu anderen Politikern und Mitarbeitern des Justizapparats, die bisher nur bemüht waren, die ernsten und schweren Vorkommnisse möglichst zu verschweigen.

Welche Fortschritte mit einer Evaluierung erreicht werden, für die Silvan sich einsetzen wollte, das wird mit einer weiteren Anfrage noch geklärt. Nach der Veröffentlichung dieses Beitrags. Über die weiteren Ergebnisse wird berichtet.

 

Stellungnahme des Abgeordneten Rudolf Silvan im Volltext

From   Hinterberger Stefan <stefan.hinterberger@parlament …>
To   Johannes Schütz <johannes.schuetz@media …>
Subject   AW: Presseanfrage für Beitrag
Date   May 5, 2021 22:56 PST
Cc   Rudolf Silvan <rudolf.silvan@gbh …>

 

 

Sehr geehrter Herr Mag. Schütz!

Herzlichen Dank für Ihr Interesse zum Thema Erwachsenenschutz; natürlich ist beinahe jeder Politiker und jede Politikerin in seinem/ihrem Wahlkreis mit diesem Thema konfrontiert. Da Sie auch auf die Volksanwaltschaft verwiesen haben, hat Frau Dr. Rendi-Wagner Herrn Abgeordneten Rudolf Silvan (Volksanwaltschaftssprecher der SPÖ) um Beantwortung dieses Schreibens ersucht.

Herr Silvan bestätigt Ihre Aussagen, wonach die Volksanwaltschaft in einer großen Anzahl von Einzelfällen mit diesem Thema konfrontiert wurde. Die Hoffnungen ruhten daher auf dem 2. Erwachsenenschutz-Gesetz, welches die bekannt gewordenen Probleme lösen sollten. Wie auch die Volksanwaltschaft feststellt, dürfte das jedoch nicht in dem Umfang gelungen sein, wie es erwartet wurde. Dies liegt darin begründet, dass die bestehenden Sachwalterschaften nunmehr in jedem Einzelfall von einem Richter geprüft und auf die neue Rechtslage übertragen werden müssen.

Laut Angaben des zuständigen Ministeriums ist ein Großteil der Fälle erledigt. Es ist aber dennoch erfreulich, dass die Volksanwaltschaft selbst bereits 2019 (das 2. Erwachsenenschutz-Gesetz ist mit 1. Juli 2018 in Kraft getreten) deutlich weniger Beschwerden im Bereich Erwachsenenschutz verzeichnen musste. Die neuen Rechtsgrundlagen sind jedenfalls deutlich günstiger für die allfällig betroffenen Personen, die Eingriffe sind schonender und im Mittelpunkt des Gesetzes stehen der Betroffene und dessen Interessen.

Sie müssen natürlich verstehen, dass Herr Silvan auf Einzelfälle, die an ihn herangetragen wurden, aus Gründen des Datenschutzes und des verfassungsrechtlich gebotenen Gewaltentrennungsgrundsatzes nicht eingehen kann. Es wäre jedenfalls aber anzuregen, dass nach beinahe drei Jahren Geltung des Gesetzes jedenfalls eine Evaluierung vorgenommen werden soll. Herr Silvan wird sich diesbezüglich auch mit unserer Justizsprecherin Mag. Selma Yildirim besprechen, damit die notwendigen Schritte im dafür zuständigen Justizausschuss eingeleitet werden können.

Wir sind optimistisch, dass eine solche tiefgreifende Evaluierung auch allfällige Grundrechtseingriffe oder strafrechtswidrige Handlungen aufzeigen könnte, sollten solche, wie Sie dies insinuieren, vorliegen. Auch allfällige finanzielle Auswirkungen (Restitutionen) könnten im Rahmen dieser Evaluierung angesprochen werden.

Nachstehend übermitteln wir Ihnen aus dem Bericht der Volksanwaltschaft 2019 die diesbezüglichen Feststellungen.

(…) 

Mit freundlichen Grüßen
Stefan Hinterberger

Parlamentarischer Mitarbeiter v.
Rudolf Silvan
Abgeordneter zum Nationalrat

Links:

Karfreitagsbericht 2023 aus Österreich:
Sachwalterschaft, Erwachsenenvertretung und Vermögensübernahmen
Tabula Rasa, 7. 4. 2023
Schutz des Eigentums. Unterschlagung von Renten. Verletzungen des Familienrechts. Erhaltung der gesellschaftlichen Ordnung. Das waren die Themen im Aschermittwochbrief. Befragt wurden der österreichische Bundeskanzler und drei Minister.
www.tabularasamagazin.de/johannes-schuetz-karfreitagsbericht-2023-aus-oesterreich-sachwalterschaft-erwachsenenvertretung-und-vermoegensuebernahmen

Karfreitag-Essay 2022
Karfreitag in Österreich – Die unerträgliche Dreistigkeit des Weins
Tabula Rasa, 15. 4. 2022
Grundrechte werden verletzt in Wien. Vermögenskonfiskationen wirken wie Berufsverbote. Das aktuelle Österreich gleicht der Tschechoslowakei von Milan Kundera.
www.tabularasamagazin.de/karfreitag-in-oesterreich-die-unertraegliche-dreistigkeit-des-weins

 

Karfreitagsrecherche 2021
Recherche am Karfreitag: Grundrechte in Österreich
T
abula Rasa, 2. 4. 2021
Verletzungen des Eigentumsrechts bleiben Thema in Österreich. Zum vierten Mal wird dazu eine Recherche durchgeführt. Es wird nach Maßnahmen gefragt. Zum Schutz des Rechtsstaates.
www.tabularasamagazin.de/recherche-am-karfreitag-grundrechte-in-oesterreich

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